Anreise
Unsere Abschlussreise durch ganz Ecuador begann am Samstag, den 18. Mai früh morgens. Wie auch bei den anderen Reisen sind wir zusammen mit den Austauschschülern aus Riobamba und Ambato in einem Kleinbus zum Treffpunkt gefahren. Um halb sechs wurden wir an der Autobahnauffahrt eingesammelt. Wir fuhren nach Quito, frühstückten dort in einem kleinen Café und trafen uns dann um sieben mit dem großen Reisebus aus Quito, um unsere Reise in den Norden gemeinsam fortzusetzen. Dort bin ich dann auch auf Lina getroffen. An einer Tankstelle wartete der zweite große Reisebus auf uns, indem die restlichen Austauschschüler saßen. Dort wurden Lina und ich dann auch wieder mit Louis und Marie vereint, die die ganze Nacht über schon mit dem Bus gefahren sind.
Tag 1: Otavalo, Cotacachi, Atuntaqui
Unser erstes Ziel war Otavalo. Während der Fahrt hat unser Guide einiges über die Region erzählt. Der Norden Ecuadors wird durch die großen aktiven Vulkane dominiert die in der letzten Zeit (für den Geologen sind das ca. 10.000 Jahre) unzählige Ausbrüche hatten. Die „indígenas“ haben oftmals Legenden über Vulkane und Lagunen, da diese als ein Art Gottheit angesehen wurden. Davon hat uns der Guide einige erzählt.
In Otavalo war ich ja bereits einmal mit Rafa und Ale, aber es gab noch einmal einen großen Unterschied, weil wir dieses Mal am Wochenende da waren. Der Markt war deutlich größer und neben dem Marktplatz waren auch unzählige Nebenstraßen mit Ständen gefüllt. Zusammen mit meinen Freunden habe ich fleißig eingekauft und allerlei Kleinigkeiten für meine Familie und Freunde in Deutschland mitgenommen. Unter anderem habe ich mir einen flauschigen Einhornonzie gegönnt, der kuschelig warm ist und damit perfekt als Schlafanzug hier im Gebirge. Da es echt warm war, haben wir uns zur Erfrischung ein Eis und ein paar Litschies vom Obstmarkt geholt.
Zum Mittagessen ging es nach gut drei anstrengenden Stunden auf dem großen Markt weiter nach Cotacachi. Diese Stadt ist bekannt für ihre Lederproduktion. Das Mittagessen war in Ordnung und danach habe ich mich zusammen mit Lina, Louis und Elli auf den Weg gemacht, um das Dorf zu erkunden. Elli kommt aus Bayern und lustigerweise ist meine jetzige Gastschwester Maria Andrea in ihrer Familie in Deutschland. Die Welt ist doch irgendwie klein. Da niemand von uns an den Lederprodukten hatte, sind wir einfach nur gemütlich durch die Stadt spaziert.
Nach unserem Besuch in Cotacachi ging es weiter nach Atuntaqui, das für seine Textilproduktion bekannt ist. Die meisten von uns waren aber so platt, dass wir uns entspannt in den schönen Park gesetzt haben. Besonders diejenigen, die eine lange Anfahrt nach Quito hatten waren froh, als wir endlich im Hotel angekommen sind. Dort bin ich zusammen mit Marie auf ein Zimmer gegangen und Lina hat zusammen mit Elli nebenan gewohnt.
Nach dem Abendessen wurden unsere Pullis verteilt, die wir zuvor selbst designt hatten. Rotary hat das nur unglücklicherweise ziemlich mies umgesetzt. Nicht nur, dass die Qualität der Pullis, die aus einem regenjackenähnlichen Stoff sind, ziemlich schlecht ist (besonders der Druck), sondern es wurden Falsche Flaggen gedruckt und auf dem Rücken sind Linien statt Namen. Nicht einmal die Ecuadorflagge ist richtig, sondern es wurde fälschlicherweise die Flagge von Kolumbien gedruckt. Immerhin ist der Regenpulli wasserdicht. Dazu gab es für uns Mädchen noch farblich passende Leggins in dunkelblau und für die Jungs lockere Jogginghosen. Zumindest die Hosen waren in Ordnung. Da wir alle relativ müde waren, ging es am ersten Tag früh ins Bett.
Tag 2: Mitad del Mundo, Centro histórico de Quito und Lasso
Das Frühstück war schon um sieben Uhr, denn um acht ging unsere Reise bereits weiter. Dieses Mal in Richtung Süden. Schon am Morgen regnete es und bis zum späten Nachmittag hörte es auch nicht mehr auf. Wir durften uns am Morgen aussuchen in welchem Bus wir den Rest der Reise bleiben wollten. Ich und meine Freunde haben dann so getauscht, dass wir alle zusammen in einem Bus waren. Unser erstes Ziel war die Mitte der Welt. Leider hat es die ganze Zeit geregnet und wir sind eigentlich nur von Unterstand zu Unterstand gewandert. Wir haben trotzdem ein paar Fotos gemacht, aber in dem kühlen Nass konnte man das eigentlich schöne Gelände nicht wirklich genießen.
Zum Mittagessen ging es in ein nahegelegenes Restaurant. Ein Maler hat eine kleine Show gemacht und sein Gemälde am Ende verlost. Das Essen an sich war eher mittelmäßig, aber man ist satt geworden. Danach ging es weiter zum historischen Stadtzentrum Quitos. Dort hatten wir eine etwa zweistündige Führung, in der wir die wichtigsten Kirchen und Plätze besucht haben. Das war für mich persönlich nicht allzu interessant, weil unsere Gruppenführerin für mich nichts Neues erzählt hat, da ich die Innenstadt ja bereits besucht hatte. Es war trotzdem ganz nett und immerhin hatte es aufgehört zu regnen.
Das Hotel für diese Nacht war in Lasso, also sehr nahe an Latacunga gelegen. Deswegen hat meine erste Gastfamilie mich und Ale am Abend nach dem Abendessen dort besucht. Natürlich haben wir dafür bei den Rotariern um Erlaubnis gefragt. So konnten Rafa, Rosy und Fáti auch kurz meine Freunde kennenlernen, worüber ich mich sehr gefreut habe. Wir haben uns noch eine ganze Weile unterhalten, bis wir uns schweren Herzens voneinander verabschiedet haben.
Meine Freunde konnten an diesem Abend am eigenen Leib spüren, dass Latacunga selbst im Verhältnis zu Cuenca und Quito im Hochgebirge echt kalt ist. Ich konnte also beweisen, dass ich nicht einfach nur überempfindlich bin.
Tag 3: Baños und Riobamba
Am nächsten Morgen hatte der Himmel sich aufgeklärt und man konnte den Cotopaxi sehen. Wie auch am Vortag mussten wir früh aufstehen. Unsere Fahrt ging weiter Richtung Baños de Agua Santa. Baños habe ich zwar auch schon einmal besucht, aber es war trotzdem noch spannend. Die Straße, die nach Baños führt, ist die erste, die in Richtung des Dschungels gebaut wurde nachdem dort Rohöl gefunden wurde und spielte als einzige zu der Zeit existierende Verbindung eine große Rolle. Baños gewann an Bedeutung als die heißen Thermalquellen unter Touristen bekannt wurden. Nach und nach entwickelte sich die Stadt zu einem Zentrum für extreme Sportarten wie Canopy, Rafting oder Klettern. Obwohl Baños nur knapp eineinhalb Stunden von Ambato entfernt liegt, so ist man doch schon im Dschungel.
Zunächst haben wir den Pailon del diablo, einen der größten Wasserfälle Ecuadors, besucht. Den habe ich zwar auch schon einmal zusammen mit Mónica und Jaime besichtigt, aber dieses Mal sind wir zu einem anderen Aussichtspunkt gefahren, sodass es auch für mich etwas Neues war. Der Hinweg war einfach und ging nur bergab. Zusammen mit Lina, Louis, Marie und Elli bin ich bis zum Wasserfall gelaufen. Um noch näher heranzukommen, musste man durch einen flachen Spalt kriechen. Wenn man wollte, konnte man sich noch ein Stück näher vorarbeiten, um sich unter dem Wasserfall zu duschen. Louis hat das zusammen mit Elli gemacht, während wir restlichen lieber trocken geblieben sind.
Es gab noch eine schöne Hängebrücke, auf der wir noch Fotos gemacht haben, bevor es an den anstrengenden Rückweg ging. Bergauf war der Weg gefühlt dreimal so lang wie beim Hinweg. Oben angekommen konnte ich dem Drang nicht wiederstehen einen Becher voll Wassermelonenstücke zu kaufen. Von dort aus fuhren wir dann weiter zum Mittagessen.
Danach hatten wir etwas Freizeit in der Innenstadt von Baños, wo die berühmten Süßigkeiten aus Zuckerrohr hergestellt werden. Zusammen mit Louis und Elli bin ich dort auf Shoppingtour gegangen und als wir auf dem Rückweg zum Bus waren, sind wir auf die Rotarier getroffen. Die haben uns auf ein traditionelles Getränk von Baños eingeladen. Der „Poncho de Suizo“ ist ein Getränk mit geheimer Rezeptur. Er besteht aus einer Frucht, Eis und Gewürzen, mehr wollte man uns nicht verraten. Es war auf jeden Fall sehr lecker.
Mit dem Bus ging es dann weiter nach Riobamba. Dort sind wir in unser Hotel für diese Nacht eingecheckt. Von außen hat dieses uns ein wenig Angst gemacht, weil es wie ein heruntergekommener Betonklotz aussah, aber von innen war das Hotel tatsächlich wunderschön und richtig modern. Vor dem Abendessen haben wir noch einen kleinen Ausflug zum Friseur gemacht, weil sowohl Elli als auch Lina sich die Haare schneiden lassen wollten. Irgendwie ist das wohl ein Ritual bei uns geworden. Das Abendessen war ganz okay und danach habe ich mir erstmal ein langes Bad gegönnt, weil das Zimmer tatsächlich eine Badewanne hatte. Das hat die Muskeln von dem Wandern in Baños wieder etwas entspannt. Dieses Mal gab es nur dreier Zimmer. Wir haben aber trotzdem zu viert in dem Zimmer geschlafen, weil eines der drei Betten ein großes Doppelbett war. Mitten in der Nacht sind die Rotarier durch die Zimmer gegangen und haben uns alle aufgeweckt, weil zwei Mädchen weg waren. Am Ende haben diese einfach nur friedlich in ihrem Zimmer geschlafen und deswegen die Tür nicht um ein Uhr nachts geöffnet.
Tag 4: Tren a la Nariz del Diablo in Alausí und die Incaruinen von Ingapirca
Dementsprechend waren wir am nächsten Morgen ziemlich müde. Der einzige, der verschlafen hat, war trotzdem Louis. Wir haben unsere Reise in den Süden fortgesetzt nach Alausí. Dort ist eine der berühmtesten Bahnstationen Ecuadors von der aus man zur „Nariz del Diablo“ (Teufelsnase) fahren kann. Die Bahnstrecke führt im Zig Zack diesen Berg herunter, weil das Gelände eigentlich viel zu steil für einen Zug ist. Bei der Konstruktion dieser schwierigen Bahnstrecke, starben unzählige Menschen, weshalb man den Berg mit dem Namen des Teufels betitelte.
Bevor es in den Zug ging, hatten wir noch etwas Freizeit, die Louis für ein Frühstück nutzte, da er das im Hotel ja verschlafen hatte. Bei angenehmem Sonnenschein saßen wir auf der Terrasse eines Restaurants und haben auf den Zug gewartet. Man musste seinen Reisepass vorzeigen, da man nur mit Identifikation mitfahren darf. Jeder hatte einen festen Sitzplatz und auch wenn wir zumindest innerhalb eines Waggons Plätze tauschen konnten, so waren Louis, Marie und ich doch von den anderen Beiden getrennt worden. Trotzdem war die Fahrt ganz schön. Die grünen Berge boten eine unglaubliche Aussicht und nachdem wir die Teufelsnase passiert hatten, konnten wir auch diesen Berg bestaunen. An einer Bahnstation im Tal vor dem Berg gab es dann einen etwas längeren Halt. Dort haben ein paar Indígenas getanzt und es gab ein kleines Café, wo man sich einen Snack besorgen konnte. Auf einem Abstellgleis haben wir noch coole Fotos gemacht, bevor es wieder zurück nach Alausí ging.
Aus Zeitgründen gab es diese Mal nur ein Lunchpacket, denn es ging direkt weiter in Richtung Ingapirca. Das sind die wichtigsten Ruinen aus der Zeit der Incas in Ecuador. Dort angekommen wurden wir in kleinere Gruppen aufgeteilt, um eine spannende Führung zu bekommen. Vor den Incas haben in diesem Gebiet die Cañaris gelebt. Als die Incas ankamen, haben sie diesen Angeboten sich mit dem Imperium zu vereinen, um Vorteile daraus zu ziehen. Die Incas konnten ihnen zum Beispiel eine sichere Ernährungsquelle bieten und dazu noch ihre fortgeschrittenen Techniken in allen Bereichen des Lebens. Nach einigen Widerständen und einigem hin und her mit den stolzen Cañaris, einte sich der Stamm mit dem Incaimperium. Diesen Prozess der Vereinigung kann man in Ingapirca sehr deutlich erkennen. Die Incas haben deren Gebäude nämlich nicht zerstört, sondern darüber oder daneben konstruiert. So haben sie zum Beispiel einen Tempel der Cañari zu einem Sonnentempel umfunktioniert und umgebaut, um den Cañaris den Sonnenkult näher zu bringen. Durch das Kreuz des Südens, eine Sternenkonstellation, konnten die Incas ihre Tempel exakt nach der Sonne ausrichten. So scheint die Sonne am 21. Juni genau durch die Eingangstür des Tempels, den sie für die Cañaris konstruiert haben. Ebenso ist es auch oft der 21. Dezember, an dem die Sonne eine ganz bestimmte Stelle im Tempel anleuchtet. Für sich selbst, haben die Incas einen prunkvolleren Tempel gebaut, bei dem die Steine ohne Zement oder ähnliches Millimetergenau aufeinanderliegen. Vom Tempel der Cañaris aus, scheint es so, als wäre der große Tempel auf derselben Höhe, befindet man sich aber dann am Tempel der Incas, erkennt man, dass dieser deutlich höher liegt. Dieser Tempel war für die Elite bestimmt und dementsprechend näher an der geliebten Sonne. Rund um den Tempel findet man mehr der rechteckigen Bauten der Inca, während die Ruinen der Cañaris rund sind. In diesen Häusern wurde den Mädchen in einer Art Eliteschule Handwerkskunst beigebracht. Zeuge davon sind zum Beispiel die Keramikscherben, die man überall findet, sowie die erhaltenen Steinwerkzeuge. Man hat noch lange nicht alle Geheimnisse der Incas gelüftet und bei manchen gefundenen Steinen, die eindeutig bearbeitet sind, weiß man bis heute noch nicht, wozu diese gedient haben. Bei der Kolonialisierung durch Spanien wurde den Ruinen kein besonderer Wert zugeschrieben und man hielt auf dem Gelände lange Zeit Nutzvieh, wie Kühe und Lamas, bis Archäologen die Ruinen durch Zufall entdeckten und das Gebiet später zu einem Museum machten. Ich finde es erstaunlich wie viel die Incas schon über Geometrie wussten und wie exakt ihre Bauwerke waren. Ich will euch jetzt aber nicht weiter mit Fakten nerven, auch wenn es da noch vieles zu erzählen gibt.
Nach Ingapirca fuhren wir dann schlussendlich nach Cuenca, der angeblich schönsten Stadt Ecuadors. Dort lag unser Hotel direkt an der Hauptstraße und in unmittelbarer Nähe zum historischen Stadtzentrum. Das Abendessen war richtig lecker. Wir haben uns besonders darüber gefreut, dass dort auch Dora endlich zu uns gestoßen ist, die uns dann auch noch die letzten Tage über begleitet hat. Das Hotel war wieder richtig schön und unser vierer Zimmer war echt riesig. Erschöpft von dem langen Tag sind wir dann ins Bett gefallen.
Tag 5: Cuenca
Nach einem bombastischen Frühstücksbuffet, dass alles zu bieten hatte, was das Herz begehrt, ging es zu Fuß ins historische Stadtzentrum von Cuenca. Dort haben wir drei Stunden lang die Stadt erkundet und auch wenn das ganze Laufen natürlich anstrengend war, so war es das allemal wert. Cuenca wird nicht umsonst die europäischste Stadt Ecuador betitelt. Es gibt keine Straßenhunde, alles ist sauber, es existieren Fußgängerampeln an jeder Straße und auch die Architektur hat einen deutlich stärkeren europäischen Einschlag als zum Beispiel in Quito. Es gibt zudem wie im gesamten Süden des Landes keine aktiven Vulkane. Dafür wird die Stadt aber von Überschwemmungen bedroht. Durch Cuenca fließen mehrere Flüsse, die aus dem Hochgebirge westlich der Stadt stammen. Bei starkem Regen schwellen die Flüsse an und die ufernahen Eukalyptusbäume, die die Europäer eingeführt haben, stürzen aufgrund ihres zu flachem Wurzelwerk in den Fluss. Das Wasser staut sich und wenn es die Blockaden der Bäume sprengt, reißt es die Stammteile mit ungeheurer Kraft mit. So sind in der Vergangenheit nicht nur einige Brücken, sondern auch Häuser in der Nähe der Flüsse beschädigt und zerstört worden, da man die Flutwelle nicht vorhersehen konnte. Heutzutage werden die Flüsse 24 Stunden am Tag überwacht, um bei einer solchen Gefahr rechtzeitig eingreifen zu können. Verglichen mit den Vulkanen im Norden ist die Gefahr aber beinahe lächerlich und dennoch nicht zu unterschätzen.
Wohl am auffälligsten in der Stadt ist die riesige „Catedral nueva“ (Neue Kathedrale) im Zentrum. Diese wurde damals erbaut, da die „Catedral viejo“ (Alte Kathedrale) zu klein geworden war. Die Idee war damals, dass die gesamte Stadtbevölkerung darin Platz findet. Unglücklicherweise verzögerten sich die Bauarbeiten über ein Jahrhundert und aus den ursprünglich 9000 Einwohnern sind über 500.000 geworden. Das macht die riesige Kirche jedoch nicht weniger eindrucksvoll, dessen hellblaue Kuppeln sich deutlich aus dem Stadtbild abheben. Wie auch in Quito gibt es in Cuenca unzählige Kirchen von zum Beispiel verschiedenen Sekten wie den Franziskanern.
Nach der Stadtführung ging es mit dem Bus zu einem nahen gelegenen Aussichtspunkt über die Stadt. Auch von oben zeigt sich, wie sehr sich Cuenca von den anderen ecuadorianischen Städten unterscheidet. Im Gegensatz zu Quito ist die Stadt nämlich nicht größtenteils grau, sondern rötlich orange. Das liegt daran, das man in Cuenca andere Baumaterialien genutzt hat und nur wenige Gebäude aus Beton bestehen. Die roten Dächer werden von den hellblauen Kuppeln der riesigen Kirche unterbrochen, auf die eine von unzähligen Bäumen gesäumte Straße hinzuführt. Die Aussicht war eindrucksvoll.
Zum Mittagessen ging es dann aus Cuenca heraus und vom Restaurant weiter nach Chordeleg. Dieses kleine Dorf ist für seine Silber. Und Goldschmuckproduktion bekannt. Dort haben wir noch ein wenig gebummelt, bevor es wieder zurück nach Cuenca ging, denn die Rotarier waren gewillt uns etwas Freizeit zu gönnen.
Zusammen mit Lina, Louis und Jan (ein anderer Deutscher) sind wir mit Maries dritter Gastmutter (sie ist jetzt in der vierten Gastfamilie, aber glücklich) zu einer nahen gelegenen Mall gefahren, weil Marie unbedingt wollte, das wir sie kennenlernen. Wir hatten richtig Spaß. Danach wollte sie auch ihre vierte Gastfamilie noch zusammen mit uns besuchen. Leider waren wir zu fünft und haben so nicht alle in ein Taxi gepasst. Ich bin dann freiwillig mit Jan dageblieben, da wir ihn ja auch schlecht allein zurücklassen konnten. Wir sind dann zurück in die Innenstadt gelaufen, wo er einen Sombrero gesucht hat, während die anderen mit Mari im Taxi zu ihrer Familie gefahren sind. Ihre vierte Gastmutter hatte nämlich den Tag zuvor Geburtstag und sie wollte sie überraschen. Am Ende war genau diese dann nicht zuhause, aber die drei hatten trotzdem Spaß und immerhin eine lustige Geschichte zu erzählen als wir uns abends wieder im Hotel getroffen haben.
Mir hat Cuenca richtig gut gefallen und ich wäre da gerne noch länger geblieben und das obwohl es immer noch eine Großstadt ist. Wer mich kennt, weiß, dass ich Großstädte eigentlich verabscheue.
Tag 6: Parque nacional Cajas und Guayaquil
Am nächsten Morgen haben wir Cuenca dann wieder verlassen. Es ging in den Westen zum Nationalpark „Cajas“. Dort befinden sich die höchsten Berge im Süden Ecuadors und die einzigen im Land, die Spuren der Eiszeit besitzen. Unser Guide hat im Bus gefragt, warum es diese Spuren nur dort gibt und eine Prämie für die richtige Antwort versprochen. Er hat wohl nicht wirklich damit gerechnet, dass jemand aufmerksam zugehört hat und dann noch eins und eins zusammenzählen kann. Ich denke ihr könnt euch vorstellen wer die Antwort gegeben hat.
Da Ecuador auf Höhe des Äquators liegt, war es dort auch in der Eiszeit nie so kalt wie näher an den Polen. Dadurch gab es erst ab einer Höhe von Rund 3600 m wirklich dicke Eisschichten und selbst in Cuenca und Guayaquil, die immerhin auf 2800 m liegen, konnte nicht mehr als eine dünne Decke an Eis gelegen habe. Im Norden findet man keinerlei Spuren diese Eismassen von bis zu 1km dicke auf den hohen Vulkanen, da diese kürzlich (für den Geologen in den letzten 10.000 Jahren) sehr aktiv waren. Jegliche Spuren wurden von Ausbrüchen nach der Eiszeit, die vor 12.000 Jahren endete, verwischt. Im Süden sind die Berge kleiner und nur im heutigen Nationalpark „Cajas“ waren die Berge hoch genug, damit die Eisschicht genügend dick werden konnte. Die versprochene Prämie habe ich übrigens nie bekommen.
Auf gut 4000m Höhe sind wir dann im Nationalpark gewandert. Das Wetter war schlecht und es hat geregnet. Der Weg ging nur bergab, da der Bus uns an einem anderen Punkt eingesammelt hat, aber er war trotzdem alles andere als einfach. Der Boden war matschig und rutschig und die Höhe hat es besonders für die Austauschschüler von der Küste echt schwer gemacht. Ich hatte damit tatsächlich gar keine Probleme an diesem Tag. Der Nationalpark hat einige einzigartige Pflanzen zu bieten, von denen einige sogar indigen sind und nur dort zu finden sind. Dazu gehören zum Beispiel die „Globitos“ (kleine Ballons), die gelb und orange gestreift sind und tatsächlich die Form von kleinen Luftballons haben.
Wieder am Bus angekommen, waren wir alle trotz dicker Kleidung durchgefroren. Es wurden noch schnell die Essenspackete ausgeteilt, da es wieder keinen Stopp fürs Mittagessen gab, bevor es in Richtung Küste weiterging. Als nächstes Ziel stand Guayaquil auf dem Plan.
Ich hatte schlauerweise ein T-Shirt unter die warmen Klamotten gezogen und konnte meinen dicken Pulli einfach bei der Ankunft ausziehen. Meine Leggings habe ich allerdings angelassen, damit mich die Mücken nicht wieder auffressen, denn ich hatte keine Lust nochmal wegen einer allergischen Reaktion im Krankenhaus zu landen. Die Entscheidung war ganz vernünftig, denn wir haben dort den „Parque histórico“ (historischer Park) besucht. Das ist eine Verbindung von Zoo und Museum. Im ersten Teil mit den Tieren, gab es natürlich jede Menge Mücken. Die freifliegenden Papageien waren echt schön anzusehen und ich habe auch ein paar schöne Fotos machen können. Leider wurden wir in nur zwei Gruppen mit jeweils 40 Leuten aufgeteilt und durch den schmalen Weg habe ich am hinteren Ende der Gruppe nichts von den eh nur kurzen Erklärungen mitbekommen. Auch einige Käfige waren echt klein gehalten und nicht alle Tiere waren in einem guten Zustand. Mehrere Papageien hatten eindeutig Hautprobleme und jede Menge kahle Stellen. Das fand ich etwas schade.
Danach ging es schlussendlich weiter zu unserem Hotel, wo es dann kleine Komplikationen mit dem Zimmer gab. Nachdem wir in unserem Zimmer waren und ich bereits im Badeanzug bereit war für den Pool, mussten wir das Zimmer noch mal tauschen. Nach dem ganzen Stress konnten wir uns endlich im Pool erfrischen, denn die schwüle Hitze in Guayaquil bringt einen echt ins Schwitzen.
Zum Abendessen ging es zu einem Buffetrestaurant indem es wirklich alles gab was man sich vorstellen kann. Von Sushi bis Pizza haben wir uns durchprobiert und uns zum Abschluss noch einen frisch gemachten Crêpe gegönnt. Das war mit abstand das beste Essen der Reise. Danach sind wir zu Fuß zu einem Leuchtturm gelaufen. Dazu mussten wir unzählige Treppenstufen überwinden. Die Aussicht danach war aber eindrucksvoll. Guayaquil ist die modernste Stadt Ecuadors und genauso sieht auch das von Hochhäusern geprägte Stadtbild aus. Ich konnte an der Stadt keinen wirklichen Gefallen finden. Danach sind wir auch schon wieder zum Hotel zurückgelaufen und nach dem langen Tag mit einem Höhenunterschied von mehr als 4000m sind wir einfach nur noch ins Bett gegangen.
Tag 7: Distriktkonferenz in Manta
Am nächsten Morgen haben wir Guayaquil aber ohnehin schon wieder verlassen, denn es ging nach Manta. Dort fand nämlich die diesjährige nationale Distriktkonferenz statt. Bei unserer Ankunft mussten wir feststellen, dass das Hotel doch arg ranzig war. Auch der dazugehörige Strand war alles andere als schön. Unsere Freizeit haben wir damit verbracht ein paar Fotos zu machen. Nach dem zugegebenermaßen ekelhaften Mittagessen, bei dem wir einen Blick in die dreckige Küche erhaschen konnten, ging es zu Fuß ins luxuriöse Nachbarhotel zur Konferenz. Nach einer langen Wartezeit sind wir mit unseren Flaggen in den Konferenzraum marschiert. Dort haben dann zwei von uns eine kurze Rede gehalten. Schon vor der Konferenz war mir mal wieder ein Mückenstich an meiner Wade aufgefallen und als dieser danach bereits doppelt so groß war wie vorher, habe ich direkt den Rotariern Bescheid gegeben und wir haben Tabletten besorgt. Dieses Mal habe ich die wohl rechtzeitig eingenommen und der Stich hielt sich in Grenzen. Ich habe wohl eindeutig eine Allergie gegen die Mücken hier. Jetzt weiß ich das und weiß auch wie das Medikament heißt, was dagegen hilft und freiverkäuflich in der Apotheke ist.
Die Rotarier haben uns dann freigestellt, ob wir im Hotel Abendessen wollen oder nicht. Wir hatten die Möglichkeit uns in der Mall nebenan etwas zu Essen zu holen. Ich und ein paar Freunde haben uns für die günstige Variante entschieden und einfach was im Supermarkt gekauft und dann an einem Tisch neben dem Hotelpool gegessen. Wir hatten echt Spaß dabei und besonders lecker war die ganze Packung Oreoeis, die wir uns alle geteilt haben.
Ich habe den letzten Abend echt schön verbracht. Es hätte nicht besser laufen können.
Tag 8: Abreise
Am nächsten Morgen mussten wir alle auf wiedersehen sagen. Das war ziemlich hart, denn bei einigen weiß man nicht, ob man sie je wiedersehen wird oder wann. Nicht wenig haben geweint und die Rotarier mussten uns quasi zwingen in die verschiedenen Busse einzusteigen.
Wir aus Riobamba, Ambato und Latacunga hatten einen ganzen großen Reisebus für uns allein. Dadurch konnte ich mich entspannt hinlegen und die Fahrt größtenteils verschlafen. Zum Mittagessen haben wir unglücklicherweise bei KFC gehalten. Nachdem ich nach meiner letzten Mahlzeit in einem KFC im Krankenhaus gelandet war, habe ich nichts gegessen, ebenso wie Alessandra, die auch keine Lust hatte am Ende des Tages wieder Magenkrämpfe und ähnliches zu bekommen.
Dementsprechend ausgehungert kamen wir in Latacunga an. Ich habe noch eine Nacht bei Rosy geschlafen, weil meine Familie in Quito war und mich deswegen nicht abholen konnte. Ich hätte auch mit dem anderen Bus nach Quito fahren können, aber ich hätte keine Lust gehabt dann am Sonntagabend noch einmal so lange fahren zu müssen. Deshalb haben wir es so gelöst. Nachdem ich endlich etwas gegessen habe, bin ich erschöpft auf dem Bett eingeschlafen.
Fazit
Die Reise war ein gelungener Abschluss und bis auf das letzte Hotel gab es wirklich nichts Großartiges zu meckern. Die ganze Zeit im Bus unterwegs zu sein, war echt anstrengend, aber es hat sich gelohnt. Ich habe viel über das Land dazugelernt, indem ich schon seit mehr als neun Monaten lebe. Ich hoffe ich werde viele der anderen Austauschschüler noch einmal wiedersehen.
Das nächste wiedersehen mit Louis und Marie habe ich ja schon am 6. Juli, wenn es bereits zurück nach Deutschland geht. Das ist immer noch so unwirklich, dass kaum mehr als ein Monat fehlt. Ich hoffe ich mache noch einige tolle Erfahrungen, bevor meine Zeit hier endgültig abgelaufen ist.
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