Nachdem wir am Donnerstagabend wieder aus Galapagos zurückgekommen waren, hatte ich eigentlich vor am Freitag in die Schule zu gehen, da ich mich gar nicht so erschöpft gefühlt hatte und ungern den ganzen Vormittag im Haus verbracht hätte. Mein Körper hatte aber andere Pläne und ich habe den Wecker überhört und bis zum Mittagessen geschlafen. Darüber habe ich dann aber auch nicht getrauert. Eigentlich wollte ich den Nachmittag dann dazu nutzen um direkt die Fotos von Galapagos kümmern, diese auf den Computer übertragen und aussortieren. Leider hat mir eben dieser mit einem großen Systemupdate einen Strich durch die Rechnung gemacht. In Kombination mit unserem bombastischen WLAN konnte ich die Nutzung des Computers für die nächsten drei Tage komplett vergessen.
Nach einem entspannten Samstagvormittag ging es am Nachmittag mit dem Bus nach Quito. Auf dem Weg haben wir noch an einem der größten Kunstmärkte der Stadt angehalten und kamen dann zur Abendbrotzeit dort an. Ich habe mich da schon schlapp gefühlt und bin direkt danach ins Bett gegangen, obwohl es noch nicht einmal neun Uhr abends war. Mein schlechtes Gefühl bestätigte sich dann in der Nacht. Ich wachte mit starkem Schwindel auf und schaffte es nicht einmal mehr bis zum Klo. Ich erbrach mich also mitten auf dem Flur und Maria Antonieta müsste um drei Uhr nachts deswegen den ganzen Flur wischen. Das tat mir so unheimlich leid. Am Sonntag wurde der Geburtstag von ihrem Bruder gefeiert, aber ich war den ganzen Tag nicht mehr fähig das Bett zu verlassen. Alles was ich zu mir nahm, kam wieder hoch. Zu unserem Glück war von Anfang an geplant gewesen, dass wir zusammen mit einer Cousine von Oswaldo zurückfahren, die zufälligerweise ebenfalls in Quito war. Ohne Hilfe hätte ich es nicht einmal bis zum Auto geschafft, weil ich komplett dehydriert war. Ich hatte immer noch starken Brechreiz, aber es gab einfach nichts mehr in meinem Magen was hätte hochkommen können. Mir ging es so schrecklich, dass ich dann darum gebeten habe zu einem Arzt zu fahren. Da am Sonntagabend eher wenige offen haben, sind wir in die Klinik gefahren.
Dort wurde ich dann gründlich untersucht. Unglücklicherweise hatte ich starke Anzeichen für eine Blinddarmentzündung. Nachdem die andauernde Übelkeit nach einer Spritze endlich nachließ wurden die Bauchschmerzen schlimmer. Sie machten dann auch noch einen Bluttest und einen Ultraschall, konnten aber nicht ausschließen, dass es sich um eine beginnende Entzündung handelt. Ich hatte vier von fünf Kriterien erfüllt und es fehlte nur noch ein weiterer Anstieg von Leukozyten im Blut, die zwar erhöht waren, aber noch nicht den Grenzwert überschritten hatten. Das wäre bei einer anfangenden Blinddarmentzündung jedoch nichts Außergewöhnliches. Wir haben uns dann dazu entschieden, dass ich zur Sicherheit über Nacht zur Kontrolle dortbleibe. Meine Gasteltern hatten sich auch bereits mit Rotary in Verbindung gesetzt, falls es zu einer Operation kommen sollte. Man hat mir davon abgeraten meine leiblichen Eltern zu informieren, um diese nicht unnötig nervös zu machen solange noch nichts klar ist. Ich bekam dann eine Infusion und wurde in ein Zimmer gebracht.
Dort habe ich dann eher vor mich hingedöst als wirklich geschlafen, denn das Bett war alles andere als gemütlich und der Zugang in meinem Arm schränkt mich zusätzlich in der Bewegung ein. Gegen vier Uhr morgens kam der zuständige Chirurg noch einmal vorbei, um mich zu untersuchen. Gott sei Dank könnten wir eine Blinddarmentzündung dann ausschließen, da der Schmerz nachgelassen hatte. Ich schrieb noch schnell eine Entwarnung an meine Gasteltern und die Rotarier und versuchte wenigstens noch ein wenig zu schlafen. Zur morgendlichen Visite wurde ich um sechs Uhr aber schon wieder geweckt. Etwa eine Stunde später kam Oswaldo vorbei, um zu sehen wie die Lage ist. Er konnte aber nicht lange bleiben, weil der Wahlkampf zu der Zeit noch auf Hochtouren lief. Zu meinem Glück war aber auch Rafa gekommen, der mir ein bisschen länger Gesellschaft leisten konnte. Er schaffte es dann auch den Fernseher anzuschalten und reichte mir meinen Tee, den ich zum Frühstück bekommen hatte. Der Früchtetee was sogar geschmacklich annehmbar. Nachdem er dann wieder gehen musste, kam aber auch schon Maria Antonieta vorbei. Durch reingekommene Notfälle verschob sich meine Abschlussuntersuchung immer mehr nach Hinten. Nachdem es zum Mittagessen wieder einen Tee und einen Saft gab, kam Rafa zusammen mit Alessandra und Fátima noch einmal zu Besuch. Nachdem die zuständige Ärztin dann endlich fünf Minuten hatte, um mich endgültig zu entlassen und die Krankenpfleger mir meinen Zugang wieder entfernt hatten, ging es gegen fünf Uhr nachmittags endlich wieder nach Hause. Die Ärztin hat mir eine leichte und gesunde Ernährung ans Herz gelegt, da meine gesamte Verdauung aus dem Takt gekommen ist. Zuhause bin ich dann direkt ins Bett gegangen, um den ganzen Schlafmangel auszugleichen.
Am Dienstag bin ich dann entspannt am Vormittag aufgestanden und angefangen Kleinigkeiten zu Essen, da mein Appetit zurückgekehrt war. Am Abend wurden ich und meine Gastgeschwister von Pedros Familie ins Kino eingeladen. Dort gibt es immer einen Dienstag im Monat reduzierte Eintrittspreise. Meine Gasteltern haben mir die Entscheidung überlassen, ob ich mitmöchte oder nicht. Eigentlich ist es für mich ein Tabu nicht in die Schule zu gehen und dann am Nachmittag aber etwas zu unternehmen, da es mir soweit aber wieder um ging, wollte ich auch ungern zuhause bleiben. Wir waren vor dem Kino sogar noch eine Kleinigkeit essen. Ich habe nur an einem kleinen Beilagensalat gemümmelt, da ich ja immer noch auf Diät war, um meinen Magen zu schonen. Ich weiß nicht einmal wie der Titel des Films war, den wir gesehen haben. Die Komödie war aber durchaus amüsant und ich hatte viel Spaß.
Am Mittwoch bin ich dann wieder ganz normal in die Schule gegangen. Dort haben wir ein Theaterstück geprobt, was wir Anfang April als Teil der Festlichkeiten zum 25jährigen Jubiläum der Schule aufgeführt haben. Die nächsten Tage haben wir das in allen Englischstunden wiederholt.
Eigentlich wollten wir ja am Montag schon zum Fußball gehen und mich anmelden, durch den ungeplanten Besuch im Krankenhaus ist es dazu aber nicht gekommen. Deswegen hatte meine Gastmama mir eigentlich versprochen das am Mittwoch nachzuholen. Dadurch, dass Oswaldo aber ohne Bescheid zu sagen mit dem Auto losgefahren ist, konnten wir das nicht machen. Ich habe die Zeit dann aber nutzen können, um endlich die Bilder von Galapagos aufzubereiten. Es findet nämlich ein von Rotary organisierter Fotowettbewerb statt. Aus dem ganzen Austauschjahr dürfen wir maximal sieben Bilder einschicken und wenn man platziert wird, bekommt man Teile oder den gesamten Preis der letzten Reise erstattet. Wir haben noch bis Anfang Mai Zeit, um unsere Bilder einzuschicken. Da möchte ich natürlich mitmachen, denn einen Versuch ist es immerhin wert.
Am Donnerstag durften Alessandra und ich das erste Mal den Unterricht verlassen und stattdessen in der Zeit im Englischraum arbeiten. Unser Klassenlehrer gibt uns jetzt spanische Texte, mit denen wir arbeiten, um etwas sinnvolleres in zum Beispiel Physik zu tun, als die ganze Zeit durch die Gegend zu starren.
Am Abend fand die Abschlussveranstaltung des Wahlkampfes statt. Die Veranstaltung meines Gasteltern war nicht allzu gut besucht, da er nur einheimische Artisten eingeladen hatten während andere nationale und internationale Stars auf deren Bühnen hatten. Trotzdem war es ein netter Abend. Einige meiner ersten Gastfamilie sind ebenfalls vorbeigekommen und auch Pedro war mit seiner Familie da. Ich habe mir also die Zeit mit ein paar Freunden (Fáti und Alexander waren auch da) vertrieben. Die anderen haben alle Pommes an einer Imbissbude gegessen und ich habe mich schweren Herzens an die Diät gehalten und meine Finger von dem fettigen Zeug gelassen.
Es war gar nicht mal so spät, als wir dann nach Hause gefahren sind, aber obwohl wir alle schon gegen halb elf im Bett waren, sind meine Gasteltern am nächsten Morgen nicht aufgestanden. Ich habe dann meine Gastmama aufgeweckt, weil ich dachte sie hätten verschlafen. Sie hat mir dann aber gesagt, dass alle so müde sind, dass keiner in die Schule geht und ausgeschlafen wird. Ich war im ersten Moment ein wenig irritiert, habe noch eine Kleinigkeit gefrühstückt und bin dann aber auch einfach wieder ins Bett verschwunden.
Zum Mittagessen bin ich dann schon zu den Großeltern der ersten Gastfamilie gegangen, denn Mónica und Jaime hatten mich und Alessandra für eine weitere Reise eingeladen. Damit wir am Samstag früher loskonnten, haben Rosy und Rafa uns schon am Freitagabend dort hingebracht und wir haben bei ihnen übernachtet. Damit diese mich nicht auch noch am Abend einsammeln müssen, war eigentlich geplant, dass ich nach der Schule mit ihnen gehe. Da ich dort ja nicht war, hat Maria Antonieta mich halt dort zum Mittagessen abgeliefert. Es war auch bereits geplant, dass ich am Samstagabend direkt bei Alessandra bleibe und dort schlafe, da Sonntag die Wahlen anstanden.
Das gemeinsame Abendessen mit Mónica und Jaime war sehr schön. Sie hatten sogar richtiges Brot, was besonders bei mir für Begeisterung gesorgt hat. Nachdem wir uns noch lange unterhalten haben, ging es dann gegen Mitternacht ins Bett, denn für den nächsten Morgen war geplant schon um sechs Uhr aufzustehen. Selbst Alessandra schaffte es morgens pünktlich aus dem Bett und die Reise nach Puyo begann wie geplant um kurz nach sieben. Puyo liegt hinter Baños im beginnenden Dschungel.
Dort sind wir zuerst zu einer Affenrettungstation gefahren. Dort hatten sie neben Affen auch noch einige andere Tiere des Dschungels, wie Papageien und Schildkröten. Die Tiere sind größtenteils aus dem illegalen Wildhandel gerettet worden und nicht dazu fähig allein in freie Wildbahn zu überleben. Die großzügigen Gehege erschienen mir sehr angemessen und artgerecht. Einige Tiere sind sogar komplett frei und begegnen einem mitten auf dem Weg. So haben wir unter anderem Bekanntschaft mit einem kleinen Nasenbären gemacht. Der Weg an sich war schon ein Abenteuer, denn der schmale Trampelpfad war von Pflanzen bewuchert. Unzählige Ameisen kreuzten mit ihrer Fracht den Weg und man müsste gut aufpassen wo man genau hintrat. Der Runden führte auch noch an einem malerischen Fluss vorbei und bis auf die Tiere des Dschungels und des Flusses war man in Stille gehüllt. Die Natur ließ sich hautnah erleben.
Von dort aus ging es dann weiter zu einem Wasserfall, den auch Mónica und Jaime noch nicht kannten. Wir hatten ihn auf einer Infotafel dort entdeckt und hatten Lust auf ein kleines Abenteuer. Nicht weit von der Rettungsstation entfernt ging es wieder einmal auf eine abgelegene und schlammige Straße. Wir waren uns erst unsicher, ob das wirklich der richtige Weg ist. Am Parkplatz angekommen (Die Straße endete einfach an einem Fluss) begrüßte uns aber ein Einheimischer und bestätigte uns, dass wir richtig waren. Es ging über eine angsterregende Brücke bevor die eigentliche Wanderung begann. Weder Alessandra und ich besitzen Gummistiefel und aufgrund unserer Schuhgrößen könnte niemand uns welche leihen. Den teilweise schlammigen Weg ignorierend haben wir uns das Abenteuer aber trotzdem nicht entgehen lassen. Der Pfad führte am Rande des kleinen Flusses, der durch den Wasserfall gespeist wird. Die beinahe unberührte Natur war herrlich und auch wenn die Wanderung doch länger als die vom Einheimischen gesagten fünf Minuten dauerte, so hatten wir doch unseren Spaß. Am spannendsten war eine erneute Überquerung des Baches. Dieses Mal gab es keine Brücke und während Mónica und Jaime einfach mit ihren Stiefeln durchs knöcheltiefe Wasser waten könnten, mussten Alessandra und ich auf Steinen herüber balancieren. Mit etwas Hilfe der beiden Erwachsenen, die uns die Hände gereicht haben, könnten wir aber auch diese Hürde erfolgreich meistern. Schon bald darauf erreichten wir unser eigentliches Ziel. Der Wasserfall war wirklich malerisch. Dadurch das dieser Ort deutlich versteckter ist als der Wasserfall, den wir in Baños besucht hatten, war alles noch naturbelassen. Die einzigen anderen Menschen, die wir dort trafen, waren einige Männer von einer Reiseagentur, die sich einen Spaß daraus gemacht hatten, sich von oberhalb des Wasserfalls abzuseilen. Dieser war gute 17 Meter hoch, also ist das keine ganz ungefährliche Angelegenheit. Wir sind dann noch eine Weile dortgeblieben, um uns das Spektakel anzusehen. Dabei haben wir uns auch ein wenig unterhalten. Beide Kletterer sind gut unten angekommen, auch wenn das Bad wohl etwas kalt war. Da wir bereits hungrig waren von dem ganzen Umherlaufen, haben wir uns wieder verabschiedet und sind den Rückweg zum Auto angetreten.
Die Reise führte uns wieder zurück in die Zivilisation in die Stadt Puyo. Dort aßen wir in einem hübschen Restaurant ein herrliches Mittagessen. Ich hatte mal wieder die Chance Nudeln zu bekommen und habe diese direkt genutzt. Während Jaime sich seinen Mittagschlaf geholt hat (ohne den geht bei ihm nichts) sind wir zu dritt über den kleinen Kunstmarkt geschlendert und haben uns angeschaut welche Schmuckstücke sich alle aus getrockneten und Samen herstellen lassen.
Von Puyo aus ging es dann noch auf einen kurzen Abstecher nach Baños, denn Mónica wollte dort noch einige Einkäufe erledigen in dem kleinen Spezialitätengeschäft, das wir auch beim letzten Mal besucht hatten. Dort habe ich auch Kaffeefilter bekommen. Aus dem Paket aus Deutschland waren diese schließlich vom Zoll entfernt worden und ich konnte immer noch keinen leckeren Kaffee machen. Nachdem wir einen Cappuccino getrunken hatten, mussten wir wohl oder übel die Heimreise antreten, denn der Tag neigte sich schon dem Ende zu.
Rosy und Rafa holten uns also wieder ab. Wir besuchten noch kurz Rosys Mama Tina und dann ging es auch schon nach Hause. Alessandra und ich waren platt von dem anstrengenden aber unglaublich schönen Tag und sind einfach ins Bett gefallen.
Sonntag standen dann die Wahlen an. Rafa und Fáti sind schon am Morgen zum Wahllokal Nahe des Hauses gegangen. Rosy musste stattdessen in der Stadt wählen. Ihre Schwester Piedad hatte alle zu sich eingeladen, um den Tag gemeinsam zu verbringen. Als kleines Dankeschön habe ich angeboten einen Nachtisch für alle zu machen, was mit Begeisterung angenommen wurde. Wir haben also die Zutaten eingekauft und nach dem Mittagessen hatte ich endlich Zeit alles vorzubereiten. Der „Weintraubennachtisch“ meiner Schwimmtrainerin Sandra aus Deutschland ist auch hier hervorragend angekommen und sehr einfach auch für viele Personen zu machen.
Wir haben den ganzen Nachmittag und Abend über Karten gespielt und auf die ersten Wahlprognosen gewartet. Schon bei den ersten Bekanntgaben sah es sehr schlecht für Oswaldo aus, weswegen mir Rosy sofort angeboten hat noch eine Nacht bei ihr zu bleiben, damit ich nicht in eine total stressige Situation zurück nach Hause muss. Das Angebot habe ich dankend angenommen. Auch Maria Antonieta mit der wir das abgeklärt hatten, war sichtlich erleichtert über das Angebot. Ich glaube ihr war sehr wohl bewusst wie viel Stress mir alleine der Wahlkampf gemacht hat und dass ich nicht allzu große Lust auf den Stress am Wahltag hatte.
Am Montag hat Alessandra mir also eine ihrer Schuluniformen geliehen und ich bin erst nah der Schule wieder nach Hause gegangen. Die Situation war wie erwartet sehr angespannt und Oswaldo war natürlich sehr frustriert über die verlorene Wahl und hat die Schuld in anderen gesucht. Immerhin konnte ich an diesem Tag endlich zum Fußball gehen. Das Training war sehr hart und ich dann so gut wie tot, aber ich war trotzdem einfach glücklich darüber endlich wieder Sport machen zu können. Am Abend habe ich dann auf das erste Mal ausprobieren können meinen eigenen Kaffee zu machen, was ein voller Erfolg war. Jetzt gibt es also jeden Morgen leckeren Filterkaffe. Nach gut sieben Monaten ohne Kaffee am Morgen ist das nahezu göttlich.
Bei meinem Pech habe ich mir natürlich beim Fußball direkt die nächste Erkältung weggeholt. Ich war zwar noch fit genug für die Schule, aber Fußballtraining war erstmal gestrichen. Theoretisch kann ich jeden Tag zu zwei Stunden Training gehen, praktisch ist das aber kaum umsetzbar. Am Dienstag hatte nicht nur mein Papa aus Deutschland, sondern auch Rafas Bruder hier Geburtstag. Dort war ich dann am Abend zum eingeladen, die Erkältung hatte mich aber so im Griff, dass ich Rosy darum gebeten habe mich früher nach Hause zu bringen.
Für den Mittwoch hatte Rafa mich eingeladen ihn zusammen mit Alessandra zu begleiten. Wir sind in den Norden gefahren und haben nördlich von Quito einige Fincas besucht, an die er seine Netze verkauft, die er aus Spanien importiert. Bei einigen durften Alessandra und ich ohne Probleme mit rein, bei einer mussten wir aber draußen warten. Die Rosenplantagen haben es stark auf Sicherheit abgesehen, damit auch ja niemand deren geheime Methoden zum Anbau anschauen kann.
Nachdem wir also am Vormittag die Pflicht erledigt hatten, ging unsere Reise weiter zum nahe gelegenen See San Pablo. Dort haben wir die schöne Aussicht genossen und hätten den süßen Hund, der uns schon freudestrahlend begrüßt hatte am liebsten mitgenommen. Von dort aus sind wir dann zum Ponchomarkt in Otavalo gefahren, was nur etwa zehn Minuten vom See entfernt lag. Der Markt ist der größte für jegliche Art von indigener Kleidung und anderer Kunstgegenstände. Dort haben Alessandra und ich kräftig Andenken eingekauft. Obwohl wir über zwei Stunden auf dem Marktplatz unterwegs waren, haben wir längst nicht alles gesehen. Der arme Rafa musste Packesel spielen und hat uns fleißig Preise heruntergehandelt.
Auf dem Rückweg haben wir in Quito in einem Fastfoodrestaurant Halt gemacht und sehr verspätet Mittag gegessen. Durch starken Verkehr kamen wir erst spät abends in Latacunga an, sodass ich die Nacht bei Alessandra verbracht habe. Für den Notfall hatte ich vorsorglich Wechselklamotten mitgenommen, deswegen war das kein Problem. Wir haben den Abend noch mit einem Film ausklingen lassen bevor es dann ins Bett ging. Immerhin hat meine Erkältung sich in Grenzen gehalten und am Donnerstagmorgen war ich schon fast wieder die Alte. Da ich aber noch angeschlagen war sind wir nur kurz beim Fußball vorbeigefahren, um Bescheid zu geben. Ich war ja zuvor nur einmal da und es hätte den Anschein machen können, dass ich gar nicht mehr kommen möchte. Zeitgleich haben wir auch dem Krankenhaus noch einmal einen Besuch abgestattet und dort die Rechnung für die Krankenkasse abgeholt, sowie einen Bericht über den Krankheitsverlauf beantragt. Damit waren die wichtigen Punkte meiner To-do Liste für diesen Tag abgehackt und ich bin früh wieder ins Bett gegangen, um meine Erkältung komplett zu kurieren.
Am nachfolgenden Freitag hat mein Rotaryclub am Abend ein Bingo veranstaltet wozu Alessandra und ich eingeladen wurden. Ich bin zusammen mit meinem Counselour und dessen Frau hingefahren. Obwohl wir auch schon eine gute halbe Stunde zu spät unterwegs waren, waren zu diesem Zeitpunkt erst sehr wenige Leute vor Ort und noch weniger, die ich wirklich kannte. Deshalb habe ich mich zu Beginn doch etwas einsam vor Ort gefühlt, da die bereits anwesenden Erwachsenen kein Interesse daran hatten sich mit mir zu unterhalten. Alessandra kam dann aber auch irgendwann genauso wie einige andere Jugendliche, mit denen ich dann an einem Tisch gesessen habe. Alessandra konnte leider nur eine Stunde bleiben, weil ihre Familie schon andere Pläne für den Abend gehabt hatte. Sie hat nur eine Runde mitgespielt, aber direkt ein Set mit Gläsern und einer Karaffe gewonnen. Ich hatte auch den restlichen Abend eher weniger Glück und habe nichts gewonnen. Das war aber gar nicht wichtig, denn die Stimmung war dann doch noch echt gut geworden, nachdem der Anfang etwas schleppend war. Später sind dann auch noch Mónica und Jaime gekommen, die zuvor ihren Sohn vom Flughafen abgeholt hatten, da dieser eigentlich in New York wohnt und sie besuchen gekommen ist. Nach der letzten Runde Bingo wurde dann auch direkt Tanzmusik aufgelegt und die Tische etwas beiseite geräumt. Ich habe auch wieder getanzt und von der letzten Rotaryfeier nach der Weihnachtsaktion sind tatsächlich noch ein paar Tanzschritte in meinem Kopf hängen geblieben. Ich war etwas enttäuscht als meine Gasteltern mich schon um elf Uhr abgeholt haben, wo die eigentliche Feier nicht mal eine halbe Stunde im Gange war.
Dadurch bin ich am nächsten Morgen auch gewohnt früh aufgestanden. Ich habe wie immer samstags meine Wäsche zum Waschen gegeben. Maria Antonieta hat mir daraufhin in einem sehr unhöflichen Ton gesagt, dass ich doch weniger Kleidung schmutzig machen solle. Da ich ja insgesamt drei Nächte in der vorherigen Woche bei Alessandra übernachtet habe und unter anderem die Wäsche von Freitag, die normalerweise schon die Woche zu vor gewaschen worden wäre und den Satz Kleidung von Mittwoch einmal mehr dazu gekommen war und das nun mal nicht jede Woche so ist, habe ich mich entschuldigt und meine Hilfe angeboten, da sie behauptet hatte, das wäre ja so viel Arbeit für sie. Das wollte sie dann aber auch nicht.
Das hat meine Stimmung wirklich runtergezogen, nachdem ich schon m Abend so früh nach Hause musste und auch sonst die Stimmung gleichbleibend schlecht geblieben ist. Aber kurz nach dem Frühstück trudelte eine Nachricht von Mónica ein, dass sie mit ihrem Sohn einen spontanen Ausflug zum Quilotoa machen und Alessandra und mich dazu einladen. Das hat meine Laune noch gerettet. Alessandra hatte leider schon andere Pläne für diesen Samstag, deswegen bin nur ich mitgekommen. Sie waren so nett und haben mich Zuhause eingesammelt, weil meine Gasteltern nicht allzu motiviert waren mich eben in die Stadt zu bringen. Ich war zwar schon einmal bei der Lagune am Quilotoa, aber falls ihr euch erinnert hat es das letzte Mal kaum Spaß gemacht, weil die kolumbianische Verwandtschaft so überhaupt keine Lust hatte. Dieses Mal haben wir auch einen anderen Aussichtspunkt angesteuert, sodass es allein schon deswegen eine vollkommen neue Erfahrung war. Auf dem Hinweg kauften wir in Latacunga noch Chugchucaras. Das ist das typische Gericht dieser Stadt und ich hatte tatsächlich in den letzten sieben Monaten noch nicht die Möglichkeit dazu dieses zu probieren. Die Anfahrt durch die wunderschöne Berglandschaft war atemberaubend und die Straße war an ihrem höchsten Punkt auf über 4000m Höhe. Da wurde die Luft bei dem starken Wind wirklich bedrohlich knapp. Ohne größere Ereignisse erreichten wir das kleine Dorf, dass mittlerweile dort am Kraterrand entstanden war. Jaime Eduardo, der Sohn von Mónica und Jaime, wollte unbedingt den Abstieg zur Lagune wagen. Ich habe ihn begleitet und nur der Abstieg war schon echt anstrengend, denn der steile Weg bestand fast nur aus Schotter und mehr als einmal hätte ich fast Bekanntschaft mit dem Boden gemacht. Zudem liegt die Lagune auf über 4000m, was auch das Atmen schwierig machte. Mónica und Jaime haben das schon etliche Male gemacht und haben einen gemütlichen Kaffee in einem der unzähligen Cafés bevorzugt. Die strahlend blaue Lagune ist atemberaubend und erstaunlicherweise stark salzhaltig. Experten vermuten, dass das entweder daran liegt, dass der Vulkan entsprechende Mineralien enthält und diese durch das Wasser aus dem Stein gelöst wurden oder, dass dieser Teil der Erde mal unter Wasser gestanden hat und das Überreste des Meerwassers sind. Für mich erscheint die Theorie mit den Mineralien deutlich glaubhafter, bisher hat man aber für beide noch keine wissenschaftlichen Beweise gefunden. Ganz in der Nähe in Kolumbien hat man aber zum Beispiel auch Meeresfossilen von vor mehreren Millionen Jahren gefunden, die auf ähnlicher Hohe lokalisiert sind. So ganz unmöglich ist also auch diese Theorie nicht. Da ich Jaime Eduardo begleitet haben, aber untrainiert definitiv nicht dazu fähig war den Aufstieg zu meistern, habe ich wie die Mehrzahl der Touristen einen Maulesel als Taxi genommen. Ich konnte beim Aufstieg also gemütlich im Sattel entspannen. Oben angekommen haben mich Mónica und Jaime in Empfang genommen und keine Minute später kam auch Jaime Eduardo schon an. Am Auto haben wir dann die mitgebrachten Chugchucaras gegessen. Das Gericht besteht aus allem Möglichen: verschiedenen Arten von Schweinefleisch, Popcorn, einer bestimmten Art von Mais, Teigtaschen, und vieles mehr. Bis auf eine Art besonders fettigen Fleisches fand ich alles richtig lecker. Nach dem Mittagessen ging es auch schon wieder zurück nach Latacunga. Auf dem Weg zu meinem Zuhause haben wir auch noch Allullas gekauft, das ist ein besonderes Brot, was auch speziell aus Latacunga kommt und eher an einen fettigen Keks erinnert als an Brot. Ich habe meiner Gastfamilie also eine Portion fürs Abendessen mitgebracht und auch wenn die Konsistenz für mich etwas eigenartig war, so kann ich doch nicht bestreiten, dass die Allullas lecker sind. Ich hatte sehr viel Spaß mit Mónica, Jaime und Jaime Eduardo und sehr dankbar, dass sie an mich gedacht haben und mich eingeladen haben. Ansonsten hätte ich den ganzen Tag Zuhause verbracht und hatte mich absolut gelangweilt.
Genauso sah nämlich auch mein Sonntag dann mal wieder aus. Ich habe es dann endlich über Herz gebracht den Film „Solo“ zu schauen, dessen DVD meine Eltern mir ja in dem Paket haben zukommen lassen. Den habe ich mir für eine besonders langweiligen Moment aufgehoben, weil es deswegen etwas Besonderes war. Der Film hat mir wirklich gut gefallen auch wenn er nach einer Fortsetzung schreit. Leider ist es oft so, dass ich in meiner Familie einsam versuchen muss meine Zeit zu vertreiben.
Der Montag, erster April, war schulfrei, weil das hier Tag der Provinz ist. Meine kleine Cousine Isabela hatte ihren achten Geburtstag, weswegen wir ein gemeinsames Frühstück mit ihrer Familie veranstaltet haben. Dazu gab es Einhornkuchen und Einhornmuffins. Generell war die Stimmung mal richtig gut im Haus. Am Nachmittag habe ich zusammen mit Maria Antonieta und meiner Schwester Carolina sogar zwei Runden Karten gespielt. Stark mit der Stimmung hing zusammen, dass Oswaldo ab mittags nicht da war, weil er wegen einem Meeting nach Guayaquil geflogen war.
Dienstag in der Schule haben wir anlässlich des anstehenden Jubiläums ein Video aufgenommen. Dazu sind wir und auch einige andere Klassen auf dem Sportplatz herumgerannt und wir haben liegend „25 años CEC“ geformt. Das wurde von einer Drohne aufgenommen und nach dem dritten Versuch waren die Lehrer zufrieden mit dem Ergebnis.
Ich war dann am Nachmittag auch endlich wieder beim Fußball und wollte danach eigentlich nur noch ins Bett, aber wir statteten einer Verwandten noch einen kurzen Besuch ab, die Geburtstag hatte. Ich wusste nicht einmal wer das genau war, später habe ich herausgefunden, dass es wohl eine Tante meines Gastvaters ist.
Am Donnerstag starteten die Feierlichkeiten des Schulgeburtstages mit Gottesdienst. Dieser war sehr langgezogen und langweilig, aber das ist im Unterricht ja auch nicht groß anders. Nach der Schule bin ich mit zu Alessandra gegangen, weil wir es endlich geschafft haben zu organisieren gemeinsam reiten zu gehen. Wir haben also alle zusammen bei Rafas Eltern Mittag gegessen und er hat uns dann zu der Farm gebracht, wo ich auch schon einige Male geritten war nach Weihnachten und Anfang Januar. Das Reiten hat richtig Spaß gemacht und auch wenn mir danach mal wieder alle Muskeln wehtaten, war es das wert. Wir haben nun abgemacht, dass wir das jeden Donnerstag so machen. Als Rafa mich danach wieder Zuhause abgeliefert hat, wollte ich nur eben meine Tasche im Zimmer abstellen und dann wieder zu ihnen in den Eingangsbereich zurückkommen, da sie sie dort mit Maria Antonieta unterhalten haben. Ich war ziemlich geschockt und überfordert davon, dass ich meinen Gastvater Oswaldo schlafend in meinem Bett vorfand. Ich wusste überhaupt nicht wie ich darauf reagieren sollte, habe meine Tasche einfach vor der Tür abgestellt und habe nichts weiter dazu gesagt. Besonders meinem Gastvater gegenüber habe ich kein wirkliches Vertrauen und ich habe mich erst recht nicht getraut so ein sensibles Thema anzusprechen. Er schüchtert mich regelrecht ein, auch wenn er in keiner Weise aggressiv handelt, so ist seine herrische Art doch echt unangenehm. Er scheucht besonders seine Frau und Kinder ohne bitte und danke durch die Gegend und ist sich zu gut einige Dinge einfach auch mal selbst zu machen.
Freitagabend war eine große Feier in der Schule mit einigen Artisten und Essensständen und darum und dran. Meine Gasteltern wollten erst gar nicht hingehen. Ich und Carolina aber schon und wir haben darum gebeten, dass sie sich wenigstens hinbringen. Letztendlich sind wir dann aber doch alle zusammen gegangen, weil ich vermute, dass sie uns nicht allein haben gehen lassen wollen. Unter anderem hatten auch zwei Freunde von mir einen Auftritt mit der Schulband. Wir kamen rechtzeitig an, um diesen zu sehen und zusammen mit meinen anderen Freunden und einigen derer Klassenkameraden haben wir die „Fankurve“ gebildet. Die anderen haben so laut mitgesungen, dass ich von dem eigentlichen Auftritt nicht mehr wirklich viel gehört habe. Darum ging es aber gar nicht, denn die Hauptsache war, dass wir allen unheimlichen Spaß hatten. Meine Gasteltern hatten nur nach etwa einer Stunde schon keine Lust mehr und ich musste wieder nach Hause. Ich durfte auch nicht allein noch länger bleiben. Das fand ich mehr als blöd, denn so haben sie mir einen Strich durchs Sozialleben gemacht. Der Abend war auch danach noch Thema eins und ihr war als Einzige nicht dabei.
Am Samstagmorgen musste ich in die Schule, weil wir Generalprobe für unsere Aufführung am kommenden Montag hatten. Das war ganz okay, danach hat Maria Antonieta mich aber erneut wegen der Wäsche angeschnauzt. Dieses Mal war ich mir wirklich keiner Schuld bewusst, denn ich hatte nach dem letzten Mal darauf geachtet wirklich nur das nötigste in die Wäsche zu geben. Danach waren meine Nerven nach dem ganzen Familienstress endgültig gerissen. Das erste Mal seit langem habe ich heulend mit meiner Mama telefoniert, weil der letzte Faden, der alles zusammengehalten hat, gerissen war.
Wie vielleicht euch aufgefallen ist, hat sich die Familiensituation noch einmal verschlechtert. Deswegen hatte ich bereits am Dienstag meinen Counselour erneut kontaktiert und ihm auch am Donnerstag noch einmal geschrieben, dass mich das Schlafen meines Gastvaters in meinem Bett doch sehr irritiert hat. Er hatte leider nicht direkt Zeit für ein Treffen, sondern konnte mir erst am danach folgenden Montagabend eines anbieten. Ich habe dann am Samstag entschieden auch Renato hinzuzuziehen, als den Jugenddienstleiter. Zum einen hat Martín (mein Counselour) keine Erfahrung, weil er das dieses Jahr zum ersten Mal macht und zum anderen war ich wirklich am Punkt zu sagen, dass ich aus der Familie raus muss. Es ist nicht so, dass irgendjemand von ihnen eine schlechte Intention hat oder mir etwas Böses will, aber durch die schwierige Situation mit dem pflegebedürftigen Großvater ist es ihnen auch einfach nicht möglich mir mehr Aufmerksamkeit oder Zuwendung zu schenken. Das familiäre Leben im Sinne vom gemeinsam was unternehmen und Spaß haben, wird dadurch sehr stark eingeschränkt.
Maria Antonieta hatte Alessandra schon zuvor für dieses Wochenende zu uns eingeladen, weil Hendrik, ein anderer deutscher Austauschschüler, der in der Nachbarstadt wohnt, am Sonntag zu Besuch kommen wollte und wir ihm ohnehin auch die Farm zeigen wollten. Außerdem kennen seine Gasteltern Oswaldo und dessen Familie. Ich wusste, dass sie ungern das Angebot von Maria Antonieta annehmen wollte schon am Samstag zu kommen und bei mir zu übernachten, aber meine Nerven lagen ziemlich blank und ich wollte nicht den ganzen Tag allein sein, weshalb ich sie gebeten habe mir zu Liebe zu kommen. Sie ist eine der Wenigen hier mit denen ich auch über alle Probleme in der Familie reden kann und sie kann mich sehr gut verstehen. Ich wollte auf gar keinen Fall, dass die familiären Probleme hier die Runde machen, weshalb ich den meisten gegenüber Stillschweigen bewahrt habe. Zu meiner Überraschung habe ich gegen Mittagessenszeit Stimmen von außerhalb des Hauses gehört und bin (natürlich in Jogginghose) mal nachschauen gegangen. Was man mir ganz vergessen hatte mitzuteilen war nämlich, dass eine große Überraschungsfeier für die ältere Dame, die wir am Dienstag schon kurz besucht hatten, veranstaltet wurde. Es kamen um die 40 Gäste. Ich habe mich dann schnell umgezogen und bin wieder nach draußen gekommen auf der Suche nach meinen Gasteltern in der Hoffnung, dass sie mir wenigstens ein paar der Leute vorstellen. Das haben sie nicht gemacht, aber immerhin fand ich noch am Platz, sodass es nicht ganz so langweilig wurde. Nach der Vorspeise (die ich erfolgreich von den mir verhassten Kräutern retten konnte, die hier sonst immer und überall drauf sind) kam auch Alessandra endlich an. Das Mittagessen war insgesamt sehr lecker und es gab sogar mal Sauce zum Hähnchensteak. Nachdem wir noch eine Weile Zeit mit ein paar der anderen Jugendlichen beziehungsweise jungen Erwachsenen verbracht haben, bin ich mit Alessandra wieder ins Haus gegangen. Internet gab es mal wieder nicht, weswegen wir dann zusammen die DVD „Solo“ geschaut haben. Ich war einfach nur froh Gesellschaft zu haben und nicht allein vor mich hin vegetieren zu müssen. Nebenbei konnte ich Alessandra auch noch für Star Wars begeistern und zusammen mit Felipe haben wir dann nach Rückkehr des WLANs mit Episode 4 weiter gemacht. Es war mitunter sehr amüsant, weil Alessandra wirklich so überhaupt keine Ahnung von Star Wars hat und ihr gewissen Zusammenhänge nicht bekannt sind. Das macht die Filme nur noch spannender für sie. Wir waren noch bis spät in der Nacht auf und haben uns natürlich auch noch ein wenig über meine Probleme mit der Familie unterhalten. Sie hat mir bestätigt, dass das auch bei ihr genauso war und dass sie sich ebenfalls sehr einsam und abgeschnitten gefühlt habe. Sie hat es bereut sich keine Hilfe bei Rotary zu holen, weil sie dachte das wäre normal so hier.
Beim Abendessen haben wir dann über die Pläne für Sonntag gesprochen. Hendrik wollte am Vormittag mit seiner Gastfamilie zu uns kommen, wir wollten ein Runde auf der Farm drehen und dann zum Mittagessen in die Stadt gehen, damit auch Hendrik unser „belebtes“ Stadtzentrum erkunden kann. Das hatten wir beim Abendessen so mit Maria Antonieta besprochen. Als Hendrik dann am Morgen ankam, haben seine Gasteltern auch noch seine kleine Gastschwester bei uns gelassen, weil Maria Antonieta sie eingeladen hatte den Tag auf der Farm zu verbringen. Wir haben dann zu dritt den Farmtieren einen Besuch abgestattet. Für mich war es sehr komisch mich mit den beiden auf Englisch zu unterhalten, weil das für Hendrik am einfachsten war. Er kann mittlerweile ein wenig Spanisch, aber es reicht noch nicht, um sich fließend über alles Mögliche zu unterhalten. Wir haben mit Rosy abgemacht, dass sie uns abholt und in die Stadt bringt, weil meine Gasteltern ja durch die Farm beschäftigt waren. Als wir dann los in die Stadt wollten, haben wir meine Gasteltern nicht gefunden und deren Auto war auch weg. Davon ausgehend, dass sie Besorgungen machen gefahren sind, haben wir uns also von Felipe verabschiedet und sind los in die Stadt. Mir ist dann dummerweise aufgefallen, dass ich für diesen Monat meinen Handyvertrag noch nicht gezahlt hatte und somit war ich auf meinem Handy weder erreichbar noch konnte ich eine Nachricht an meine Gastmama schicken, dass wir jetzt los sind. Hendrik war dann so nett und hat mir sein Handy eben kurz geliehen und ich habe Maria Antonieta geschrieben, dass wir jetzt wie geplant auf dem Weg zur Stadt sind und das sie auf diese Nummer anrufen soll, falls etwas ist. Alessandra hat nämlich keinen Handyvertrag und ist dementsprechend auch nicht erreichbar. Wir haben eine kleine Runde im Park gedreht und sind dann in eines der wenigen geöffneten Restaurants gegangen. Die Burger dort waren preiswert, aber köstlich und wir hatten viel Spaß zusammen. Das war das erste Mal, dass Alessandra und ich ohne jegliche ecuadorianische Begleitung unterwegs waren. Das Gefühl war befreiend auch wenn das vielleicht ein bisschen albern erscheinen mag, schließlich sind wir sonst mit Freuden unterwegs gewesen. Es trudelte dann eine Nachricht von Maria Antonieta ein, dass sie gar nicht wusste, dass wir vor hatten in die Stadt zugehen. Sowohl Alessandra also auch ich waren uns sicher, dass wir darüber beim Abendessen geredet hatten, denn sie hatte uns sogar noch darauf hingewiesen, dass viele Restaurants am Sonntag Ruhetag haben. Bei dem ganzen Stress, den sie hat, hat sie das wohl einfach vergessen, was wirklich mal passieren kann oder es war ich vielleicht nicht bewusst, dass das der feste Plan war und nicht nur eine Überlegung. Als sie mich dann am Nachmittag wieder abgeholt hat, haben wir das Missverständnis klären können und sie war auch nicht sauer auf uns. Sowas passiert halt einfach und da ich ihr sofort geschrieben habe, wusste sie, dass alles okay ist und wo ich bin. Es ist blöd gelaufen, aber ich fand es gut, dass wir das ruhig klären konnten, ohne zu streiten, ob wir da jetzt drüber geredet haben oder nicht. Das ohnehin keinen Sinn gehabt und zu keinem Ergebnis geführt. Ich bin raus aus dem Alter einfach Recht haben zu wollen, viel wichtiger ist, dass man in Ruhe drüber redet und dafür sorgt, dass nicht nochmal so ein großes Missverständnis entsteht, von welcher Seite es jetzt auch immer verursacht wurde.
Am Montagmorgen hatten wir dann unsere Aufführung in der Schule. Wir haben Hotel Transilvanien interpretiert und dazu unteranderem zwei Gruppentänze aufgeführt. Ich hatte eine unspektakuläre Statistenrolle als Zombie und habe natürlich auch mitgetanzt. Alessandra hatte sich davor gedrückt und musste stattdessen als Moderatorin für alle Aufführungen an diesem Tag herhalten. Der Montag war nämlich unter dem Motto der englischen Sprache. Die kleineren Kinder haben zu englischer Vorschulmusik getanzt („hebt die Hände“ und ähnliches) und sowohl unser Theaterstück als auch das der zehnten Klasse (zwei Stufen unter uns) und der Abschlussklasse waren auf Englisch. Die Zehnte hat den Disneyfilm Zombie aufgeführt und die Abschlussklasse hat ihre Version von Grease auf die Bühne gebracht.
Am Abend habe ich dann endlich mein Treffen mit Renate und Martin gehabt. Ich hatte den beiden ja vorher schon grob geschrieben was abgeht, bei einem gemeinsamen Essen konnte ich dann aber noch einmal genau erklären was so alles los ist und warum ich mich immer noch so schlecht fühle. Ich habe auch ganz klar gesagt, dass ich einen Familienwechsel beantragen würde, wenn sich die Situation nicht sehr schnell verbessert. Die Beiden haben mir versprochen zu Helfen und mir zugestimmt, dass es so nicht bleiben kann. Ich möchte besonders die Details jetzt hier nicht näher ausführen, aber das Ganze war wirklich Verfahren und von emotionaler Ebene bis über Ernährung gab es eine Unmenge an Problemen, die sich aufgehäuft haben. Renato hat mir versprochen sich erst einmal mit meinen Gasteltern zu treffen und sich natürlich auch deren Sicht der Dinge anzuhören, um dann gemeinsam eine Lösung zu finden in der Hoffnung, dass man nicht zum äußersten Mittel, einem Familienwechsel, greifen muss.
Am Dienstag hatten wir in der Schule einen Vortrag von vier ehemaligen Schülern des CEC, die etwas über ihre berufliche Laufbahn erzählt haben. Ich persönlich fand das sehr interessant und deutlich spannender als den Unterricht, den wir ansonsten in der Zeit gehabt hätten. Leider musste Renato mir mitteilen, dass er sich am Dienstag noch nicht mit meinen Gasteltern treffen konnte, weil ihm von der Arbeit was dazwischengekommen ist. Deswegen hat er das auf den Mittwochabend verschoben. Am Mittwoch war ich nach dem Mittagessen bei einem Klassenkameraden für eine Gruppenarbeit. Am Abend haben wir normal zu Abend gegessen und ich bin dann ins Bett verschwunden. Renato war dann erst gegen zehn Uhr abends gekommen, weil es früher wohl für alle Beteiligten nicht funktioniert hat. Ich habe also nichts mehr von dem Gespräch mitbekommen.
Am Donnerstagmorgen haben sich meine Gasteltern genauso verhalten wie immer. Wir hatten Tag der offenen Tür in der Schule und zusammen mit meiner Gruppe, wo ich am Vortag zum Vorbereiten war, habe ich mexikanische Lasagne verkauft. Die Nudeln wurden durch Nachos ersetzt, die Füllung bestand aus Fleisch, Bohnen und scharfer Sauce und eine Menge Käse durfte natürlich auch nicht fehlen. Wir waren relativ schnell ausverkauft und auch bei den anderen Ständen meines Kurses und der Stufe unter uns, habe ich mich ein wenig durchprobieren können. Rosy, Rafa und Alex waren auch da und auch Renato habe ich getroffen. Ich habe ihn gefragt, ob das Gespräch denn nun stattgefunden hat (Ich hatte das am Abend ja nicht mehr mitbekommen) und er hat gesagt, dass dringend das Gespräch zwischen mir und meinen Gasteltern gesucht werden sollte. Mehr konnte er mir erstmal nicht dazu sagen, es war absolut nicht der richtige Ort und Zeitpunkt, um da mehr drüber zu Reden. Ich hatte dann darauf gehofft, dass meine Gasteltern mich da am Nachmittag drauf ansprechen, aber von ihnen kam keinerlei Initiative. Ich habe dann Renato geschrieben, ob er vielleicht Zeit hat am Abend vorbeizukommen, damit ich nicht allein gegen zwei Erwachsene dasitze. Er konnte leider nicht und hat mir empfohlen doch selbst das Gespräch zu suchen. Ich habe dann meine Gastmutter (Oswaldo war mal wieder nicht Zuhause) darum gebeten, dass wir da am Abend zu dritt drüber reden.
Nach dem Abendessen haben wir das dann auch gemacht. Direkt zu Beginn hat Maria Antonieta mir bestätigt, was ich mir ohnehin schon gedacht habe: Sie haben nicht die Zeit und die Möglichkeit mir mehr familiäres Leben zu bieten und ebenso nicht, um mich zu Treffen mit meinen Freunden zu fahren. Das war natürlich erst Mal ein Schlag in die Magengrube für mich. Sie hat auch gesagt es wäre etwas schwierig für die Familie, dass ich nicht ganz so aufgeschlossen bin, wie Alessandra es nun einmal ist. Wir haben geregelt, dass ich meine Wäsche einfach ab jetzt zu großen Teilen selbst wasche, damit Maria Antonieta weniger Arbeit hat. Außerdem haben sie mir versprochen für mehr Gemüse beim Mittagessen zu sorgen. Ich habe auch noch einmal explizit meine Hilfe beim Kochen angeboten, auch was Gemüse angeht. Maria Antonieta hat aber aufrichtig mit mir gesprochen und auch eingestanden, dass sie dazu neigt zu viel zu Bedienen und mir versprochen ein bisschen mehr darauf zu achten auch mich in die Aufgaben im Haushalt einzubeziehen. Auch wenn jetzt nicht alles positiv war, was sie mir gesagt hat, so war es immerhin freundlich und ohne Vorwürfe formuliert und ich kann ihr nicht vorwerfen, dass sie nicht ihr Bestes gibt. Mein Gastvater hingegen hat eher unhöflich reagiert, so wie ich befürchtet hatte. Er meinte zum Beispiel es wäre sein Recht sich in meinem Bett auszuruhen, wenn ich ja ohnehin gerade nicht da bin, da er ja schließlich mehrmals nachts zur Pflege seines Vaters aufstehe. Er hat sich nicht einmal entschuldigt, dass er mich damit ziemlich erschrocken hat und ich mich damit sehr unwohl gefühlt habe, obwohl ich ihm das bei dem Gespräch erneut gesagt habe. Des Weiteren hat er nur immer wieder wiederholt, dass man sich in einem Austausch nun einmal anpassen muss so nach dem Motto, ich muss alles so akzeptieren wie es ist. Natürlich muss man sich an die Kultur und Familienstruktur anpassen, das will ich nicht abstreiten, aber das geht nur bis zu einem gewissen Punkt. Außerdem ist es ein Austausch, das bedeutet auch von der anderen Seite muss ein bisschen Verständnis und Anpassungsfähigkeit kommen. Und mich einfach nur daran anzupassen mich einsam zu fühlen geht nun einmal nicht. Seine Art mit mir zu Reden war ziemlich unangenehm für mich. Er hat sogar behauptet, dass es nicht das Recht der Rotarier wäre über solche privaten und familiären Dinge Bescheid zu wissen. Das ging mir dann endgültig zu weit, denn genau für solche Fälle habe ich nun einmal meine Ansprechpartner. Ich habe dann im selben Zug auch noch meinen anstehenden Geburtstag angesprochen und gefragt, ob wir das irgendwie größer Feiern können. Dem haben meine Gasteltern auch zugestimmt und meine Gastmama hat sich direkt am nächsten Tag hingesetzt und angefangen mit mir zu planen, was wir machen können, wen wir einladen und so weiter.
Nach dem Gespräch war ich mental ziemlich fertig und hab auch noch eine Weile geheult. Ich habe versucht das Ergebnis des Gesprächs irgendwie positiv zu sehen, schließlich war ja nicht alles schlecht, aber besonders die Art wie Oswaldo mich einfach psychisch fertig gemacht hat und mir die ganze Schuld zuschieben wollte, war dann einfach zu viel. Ich habe Alessandra noch kurz geschrieben und auch mit meinen Eltern aus Deutschland (da war ja schon morgens). Zur Sicherheit habe ich dann auch noch die Ulrike Schwarze von meinem Distrikt aus Deutschland angeschrieben und sie über die verfahrene Situation informiert. Sie wusste auch schon von meinem Aprilbericht, dass gerade nicht alles gut läuft. Es hat ziemlich lange gebraucht, bis ich mich soweit beruhigt hatte, dass ich schlafen konnte.
Am Freitag gab es keinen Unterricht in der Schule, sondern eine Sportveranstaltung. Zunächst haben alle Klassen, bis auf die letzten sechs Schuljahre (das College) eine Routine vorgeführt. Danach durften wir Größeren Wettkämpfe in verschiedenen Disziplinen austragen. Von Dribbelaufgaben in Basketball und Fußball bis hin zum Rennen über eine mit Wasser und Seife bedeckte Plastikplane war alles dabei. Ich habe meinen Kurs im Fußball vertreten. Wir sind zu fünft angetreten und das Spiel war leider schon vorbei, bevor ich drangekommen bin. Besonders lustig war natürlich das Spiel mit der Plastikplane zum Abschluss. Maria Antonieta war auch vorbeigekommen und hat zugeschaut und uns angefeuert. Wir hatten sogar früher Schluss deswegen und Zuhause habe ich mich auch ganz okay gefühlt. Zusammen mit meiner Gastmama habe ich grob meine Geburtstagsfeier geplant und zum Mittagessen gab es Brokkoli. Eigentlich wollte Renato am Abend schon vorbeikommen, zeitgleich wurde ich aber von Mónica und Jaime zum Abendessen eingeladen, da deren Sohn am nachfolgenden Samstag schon wieder zurück nach New York geflogen ist. Ich habe mich am Freitag eigentlich ganz gut zuhause aufgehoben gefühlt und die Tendenz zu Verbesserungen gesehen. Außerdem habe ich mich getraut mit Maria Antonieta unter vier Augen darüber zu reden, dass ich Angst habe, dass ich mich trotz der kleinen Verbessrungen was Essen und Ähnliches angeht immer noch einsam fühlen werde. Nicht weil sie nicht wollen, dass ich mich wohl fühle, sondern weil sie nicht die Möglichkeit dazu haben, durch den kranken Großvater im Haus und anderen Sorgen, die einfach vorgehen, was ich auch absolut respektiere. Wenn daraus aber resultiert, dass ich einsam bin und mich nicht einmal mit meinen Freunden treffen kann, ist das für mich nicht aushaltbar. Ich habe ihr erklärt, dass ich dem Ganzen eine Chance geben und hoffe, dass es sich genügend bessert, sodass ich mich wohl fühle und wenn das nicht funktioniert, ohne dass es ihre Schuld ist, einen Familienwechsel beantragen werde, nicht nur meinetwegen, sondern auch um die Familie zu entlasten. Sie hat mir versichert, dass sie mich verstehen kann und mir das auch nicht böse nehmen würde, weil sie auch nur möchte, dass ich auch glücklich bin. Ich habe also entschieden Renato zu fragen, ob wir noch ein wenig länger abwarten, um zu schauen wie es sich entwickelt. Er hat dem zugestimmt und mir versichert, dass er sich da nach mir richtet. Wir hatten erstmal grob den Sonntag für ein Treffen angepeilt je nachdem wie die nächsten zwei Tage verlaufen.
Das Abendessen bei Mónica und Jaime war wirklich sehr schön. Alessandra hatte so auch noch die Möglichkeit Jaime Eduardo kennenzulernen und die drei haben uns eine Menge über ihre Reise nach Peru zum Machu Picchu und anderen spektakulären Orten erzählt und Fotos gezeigt. Zu Mónica und Jaime habe ich ein sehr gutes Verhältnis und die Beiden sind sehr nette Menschen. Sie freuen sich immer, wenn Alessandra und ich zu Besuch kommen und wir uns über die verschiedensten Dinge unterhalten können. Die Beiden waren auch besorgt über meine Familiensituation, von der sie auch ein wenig was mitbekommen haben und erkundigen sich regelmäßig wie es mir geht. Schweren Herzens mussten wir uns am späten Abend von ihnen verabschieden. Jaime Eduardo hat Alessandra und mich sogar zu sich nach New York eingeladen, wenn wir mal Lust darauf haben sollten die Stadt zu erkunden. Voraussichtlich werden Mónica und Jaime im Herbst sogar nach Europa und Deutschland reisen und ich hoffe, dass wir uns dann vielleicht auch sehen können.
Samstag sind wir nach Quito zum Geburtstag einer Cousine gefahren. Sie ist 23 geworden. Wir sind schon mittags angekommen und haben geholfen das Haus ihres Stiefvaters, das einen kleinen Garten mit Pool hat, zu schmücken. Zusammen mit den Großeltern, zwei Tanten und meinen Geschwistern haben wir zuerst eine Weile Fernsehen geschaut und haben uns erst später zu der Party nach draußen gesellt, weil wir alle nicht die Intention hatten mein Bier-Pong und Wettrinken mitzumachen. Ich habe den restlichen Abend mit Feli verbracht und wir haben zusammen Handy gespielt, weil es draußen sehr frisch war und die Musik für meinen Geschmack einfach viel zu laut. Wir sind erst spät am Abend wieder nach Hause gefahren, aber das hat mich gar nicht groß gestört. Auch wenn die Feier nicht spektakulär war, so habe ich mich doch wohl gefühlt, weil ich wie ein Teil der Familie behandelt wurde. Ich durfte beim Aufbauen helfen, man hat sich mit mir unterhalten und ich habe auch ein bisschen zusammen mit meinen Gasteltern und meiner Oma getanzt.
Am Sonntag war der vierte Geburtstag meines kleinen Cousins Pedrito. Zusammen mit dessen Schwester und meinen Geschwistern haben wir Muffins gebacken. Unglücklicherweise waren die Förmchen am Morgen aber wie vom Erdboden verschluckt, weswegen wir den Teig dann kühl gestellt haben. Zum Mittagessen gab es dann auch einen Schokokuchen für das Geburtstagskind und wir haben für ihn gesungen. Am Nachmittag habe ich eine Runde mit Feli mit dem Fahrrad um das Grundstück gedreht und am Abend sind wir dann zum Haus meiner Tante, um dort die Muffins zu beenden.
Mein Körper hat mir dann am Montag mal wieder die Zunge rausgestreckt. Eine Erkältung hat mich mal wieder ans Bett gefesselt. Ich habe eine Paracetamoltablette genommen, habe nur kurz mit Mama und Papa telefoniert und den Rest des Tages habe ich einfach verschlafen. Dienstag ging es mir Gott sei Dank schon wieder besser. Nach der Schule habe ich mich dann an den Computer gesetzt und mich an meine Bewerbung für die Universität gemacht. Ich habe dann alles Notwendige durchgelesen und ausgefüllt. Danach ging es noch an Mathehausaufgaben. Damit war ich den ganzen Nachmittag und Abend beschäftigt. Die Bewerbung konnte ich noch nicht ganz beenden, weil ich meine Eltern zuerst noch einmal drüberlesen lassen wollte, bevor ich die Daten abgeschickt habe. Mittwochnachmittag habe ich dementsprechend die letzten Details beendet. Jetzt müssen meine Eltern nur noch die notwendigen Dokumente per Post versenden, dann ist alles fertig. Mich macht das schon ein bisschen nervös, dass jetzt alles schon ernst wird mit dem Studieren. Ich werde erst am 13. August erst Informationen dazu bekommen, ob ich direkt angenommen wurde, oder ob ich noch etwas länger bangen muss.
Am Mittwochabend waren wir von Pedros Familie zum Fußballspielen eingeladen worden. Meine Gastmama, meine Gastgeschwister und ich sind zusammen hingegangen, während mein Gastvater zuhause seinem Vater Gesellschaft geleistet hat. Marcela war auch zusammen mit ihren Eltern da und auch Maria Emilia, meine Cousine zweiten Grades, war da. Zusammen mit den zwei kleineren Geschwistern von Pedro und dessen Eltern waren wir also genügend Leute für ein kleines Spielchen. In unserem Team waren wir nur Frauen und Mädels bis auf Marcelas Vater, der im Tor stand. Zunächst machte es den Anschein, dass wir dem anderen Team weit unterlegen waren und sie gingen zunächst mit drei zu null in Führung. Dann begann aber unsere Aufholjagd. Und nach zwei Treffern meinerseits von denen einer ein Elfmeter nach Handspiel war und einem Treffer von Carolina, stand es kurz vor Ende Unentschieden. Zum Abschluss konnte Maria Emilia noch eine meiner Vorlagen verwandeln und somit haben wir mit einem knappen vier zu drei gewonnen. Das haben einige unserer männlichen Gegner nicht ganz so gut verkraften können, aber sie haben es überlebt. Zur Kräftigung gab es dann ein paar gegrillte Würstchen. Maria Emilia wurde danach leider schon abgeholt. Feli ist zusammen mit Juan, Pedros kleinem Bruder, in dessen Zimmer verschwunden und wir restlichen Kids haben uns Badeklamotten angezogen und haben uns eine Runde in den angenehm warmen Pool gesetzt. Das hat die Muskeln nach dem Sport richtig schön entspannt und den Muskelkater am folgenden Tag etwas gelindert. Wir sind erst nach elf Uhr nach Hause gekommen und waren alle dementsprechend etwas müde am Donnerstagmorgen. Der Abend war aber sehr schön und ich glaube auch meiner Gastmama hat es richtig gut getan einfach mal Spaß zu haben und den Verpflichtungen ein paar Stunden zu entfliehen. Mit ihr kann man richtig viel Spaß haben, wenn sie gut drauf ist.
Seit einiger Zeit haben wir eine kleine Babykatze im Haus, dessen Mama und Geschwister den Hofhunden zum Opfer gefallen sind. Die kleine Catina hält seitdem alle auf Trab. Die Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hat sie versehentlich in meinem Zimmer verbracht. Sie muss sich wohl am Abend irgendwo dort versteckt haben, bevor ich die Tür geschlossen habe. Am Donnerstagmorgen habe ich mich dann etwas erschrocken, denn beim aufwachen lag sie unter der Decke auf meinen Füßen. Da meine Gastgeschwister von ihr des Nachts bereits genervt sind und meine Gasteltern nicht wollen, dass sie in der Nacht frei herumläuft und eventuell den Großvater aus seinem ohnehin schon schlechten Schlaf weckt, schläft sie seitdem bei mir im Bett. Nachdem sie den ganzen Tag alles jagt was sich bewegt (inklusive uns), ist sie nachts platt und müde und schläft friedlich. Zeitgleich wärmt sie so meine ohnehin immer kalten Füße.
Am Donnerstag war ich wieder Reiten. Dieses Mal hat uns sogar Fáti begleitet, die seitdem sie vor Jahren einmal gestürzt ist, nie wieder auf ein Pferd gestiegen ist. Sie hat sich aber überwunden und es nicht bereut. Wir sind sogar ein bisschen getrabt und sie hatte merklich Spaß. Fáti möchte sogar nächsten Donnerstag gleich noch einmal reiten gehen. Dieses Mal haben wir auch zusammen mit Nelson, dass ist der Mann, der sich um die Pferde kümmert und auf uns aufpasst, wenn wir da sind, die Pferde von den Koppeln holen gegangen und haben sie gemeinsam fertig gemacht. Wir hatten auf jeden Fall richtig viel Spaß zusammen und ich war einfach nur glücklich. Ich bin zum zweiten Mal Clarissa, eine große Fuchsstute geritten. Sie ist sehr lieb, mag aber nicht so gerne, dass ich über die Richtung bestimme. Auf Steinen zu gehen gefällt ihr nicht so gut und deswegen neigen wir dazu Buschpony und Buschkind zu spielen. Oswaldo hat mich nach dem Reiten bei Fáti zuhause abgeholt und wir haben uns auch noch eine Weile unterhalten, denn Alessandras Vater ist am Freitagabend hier in Ecuador angekommen. Er verbringt zusammen mit Alessandra ein paar Tage in Quito, sie fliegen zusammen nach Kolumbien und kommen danach nach Latacunga. Zusammen mit Rafa und Rosy wollte Oswaldo ein wenig planen wie wir alles organisieren, dass auch meine Gastfamilie und ich ihren Vater kennenlernen können. Auf dem Rückweg im Auto habe ich mich das erste Mal wirklich nett mit meinem Gastvater unterhalten und ich hoffe, dass wir unser Verhältnis in Zukunft noch weiter verbessern können. Im Moment ist das Verhältnis noch sehr distanziert und ich habe kein Vertrauen zu ihm, aber ich bin bereit ihm eine Chance zu geben sich mein Vertrauen zu gewinnen. Am Abend sind dann auch schon die Eltern von Maria Antonieta hier angekommen, die das Osterwochenende mit uns hier verbringen.
Karfreitag durfte ich sogar helfen Mittagessen zu machen, denn es musste etwas ohne Fleisch her, was besser schmeckt als eine auf dem Teller umgedrehte Dose Thunfisch. Ich habe dann eine Sahnesauce mit Zwiebeln und Thunfisch mit Spaghetti gemacht und alle waren begeistert wie einfach und lecker das doch ist. Eine Mehlschwitze hat bei erstaunten blicken meiner Gastmama und deren Mutter gesorgt, als würde ich gerade ein großes Kochgeheimnis lüften. Man war sich einig, dass man mich öfter Kochen lassen sollte. Danach habe ich meine Gastmama und Feli zum Kreuzweg begleitet. Es waren Unmengen an Gläubigen anwesend, da dieser gemeinsam von allen Gemeinden der Stadt veranstaltet wurde.
Eigentlich wollten wir heute am Samstag nach Quito fahren, um gemeinsam mit Alessandra, ihrem Vater und der anderen Familie eine Runde im historischen Stadtzentrum zu drehen, da es dem Großvater hier aber aktuell sehr schlecht geht, war das leider bis jetzt nicht möglich. Ich konnte die Zeit jetzt immerhin nutzen, um endlich diesen Blogeintrag zu beenden, da durch die vielen Ereignisse einiges liegengeblieben war und ich bisher keine Zeit und Motivation gefunden hatte, das alles aufzuschreiben. Die Familiensituation verbessert sich von Tag zu Tag und ich bin zuversichtlich, dass wir das die letzten zwei Monate so hinbekommen, dass alle zufrieden mit der Situation sind.
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