Donnerstag 03.01.
Ich war den gesamten 2. Januar bei meinen Großeltern, weil mein Vater mit seinem Cousin an die Grenze zu Kolumbien fahren musste, um Papiere zu besorgen, um das einkassierte Auto wieder aus dem Zoll zu befreien. Meine Mama war in Quito arbeiten und so konnte ich den Tag nicht wie geplant für meine Vorbereitungen nutzen. Als ich dann am Abend endlich wieder zuhause war, musste ich sogar erst einmal meine ganze Wäsche waschen, da wir in den ganzen Tagen nach Weihnachten kaum Wasser im Haus hatten. Dadurch habe ich dann eher unfreiwillig eine Nachtschicht vor der Reise eingelegt. Gegen vier Uhr morgens war ich dann soweit fertig, dass ich duschen gehen konnte. Nach nur einer knappen Stunde schlaf, musste ich auch schon wieder aufstehen. Hier in Latacunga sind wir gegen kurz vor sechs losgefahren in einem Kleinbus zusammen mit den Austauschschülern aus Riobamba und Ambato, die noch weiter südlich liegen. Dieses Mal waren wir ein paar weniger, denn diese war die erste Reise, die nicht obligatorisch war. Wir kamen relativ gut in Richtung Quito durch und trafen nach etwas mehr als einer Stunde Fahrt auf den großen Reisebus, der von Quito aus aufgebrochen war.
Zu diesem Zeitpunkt erreichte mich die erste Nachricht von Marie. Diejenigen, die an der Küste oder in Cuenca (das ist weiter im Süden) wohnen, sind alle mit dem Flugzeug nach Quito geflogen. Marie wohnt in Cuenca und ihr YEO hat es verpeilt, ihren Sitzplatz im Flugzeug zu buchen, obwohl sie wie alle anderen pünktlich bezahlt hatte. Zuerst habe ich gehofft, dass sie einen Witz macht, aber als zwei Minuten später das Telefon unseres Koordinators klingelte und er offensichtlich über Maries Problem am Telefon sprach, war es traurige Gewissheit. Wir sind dann in den großen Bus umgestiegen, wo auch Lina drinsaß. Wir haben dann eine Weile mit Marie telefoniert, die zu unserer Überraschung nicht geweint hat, sondern eher stinksauer war. Sie hatte und hat immer noch ziemliche Probleme mit Rotary und ihren Gastfamilien, deswegen war es natürlich ein besonderer Zufall, dass ausgerechnet sie keinen Platz im Flugzeug hatte, ein anderer Austauschschüler, der erst einen Tag vorher bezahlt hatte, aber schon. Wir können zwar nichts beweisen, aber der YEO muss sich schon sehr ungeschickt angestellt haben eine von nur vier Personen in seinem Club zu vergessen. Zu Maries Glück war Dora, eine Frau von Rotary, die die Reisen immer begleitet, bei ihr. Sie ist die Einzige, die sich von Anfang an immer für Marie eingesetzt hat, obwohl sie als Frau hier im Rotaryclub nichts zu sagen hat, denn hier sind nur Männer Mitglieder und deren Ehefrauen arbeiten zwar mit, haben aber kaum Mitbestimmungsrechte. Dora wollte sogar auf ihren Platz im Flugzeug verzichten und ihn an Marie abtreten, das konnte die Airline, aber so kurz vor dem Start nicht mehr umbuchen. Die Beiden sind also in Cuenca am Flughafen geblieben. Zuerst hieß es Marie bleibt einfach dort zurück, aber Dora hat alles gegeben und ein Taxi organisiert, dass von Rotary bezahlt wurde. Maries Gastfamilie hätte sie zum Beispiel auch nicht wieder vom Flughafen abgeholt, hätte das nicht funktioniert.
Wir hatten auf dem Weg kaum Empfang mit dem Handy und so war es ziemlich ungewiss, wann Marie denn auch endlich ankommen würde. Zumindest unsere Reise verlief nach
Plan. Kurz vor dem Ziel mussten wir dann mit dem Gepäck in kleine Boote umsteigen, die uns zu Hotel gebracht haben, welches direkt an einem großen Fluss mitten im Dschungel liegt. Zum Glück haben
diese nicht allzu stark gewackelt und sind schnell gefahren, sodass ich mir eher weniger Sorgen machen musste seekrank zu werden. Wir waren die erste Gruppe, die angekommen ist, da die Anderen ja
erst bis nach Quito geflogen sind und von dort deutlich später als wir aufgebrochen sind. Wir hatten sogar Glück und durften Marie direkt mit in mein Zimmer einchecken, damit sie wie geplant mit
uns zusammen ist. Es gab aber nur Zweierzimmer, deswegen hat Lina zusammen mit Pauline aus Norddeutschland ein Zimmer bezogen und ich mit Marie das direkt Gegenüberliegende.
Dann gab es direkt, sehr zu meiner Freude, Mittagessen für uns. Das Buffet war nicht riesig, aber es gab genug Auswahl und das Essen hat mehrheitlich
geschmeckt. Besonders lecker waren die Früchte. Es gab immer Wassermelone, Honigmelone, Ananas und Mangos. Diese waren um ein Vielfaches Süßer, als ich sie aus Deutschland kenne. Während wir uns noch
die Bäuche vollgeschlagen haben, kam dann auch die Gruppe vom Flughafen an und gesellte sich nur kurz darauf zu uns. Damit war zumindest Louis auch wohlbehalten angekommen, während Marie immer noch
unterwegs war.
Nach dem Essen stand direkt der erste Programpunkt an. Natürlich habe ich mich vorsorglich mit Mückenspray einbalsamiert, aber wie sich später herausgestellt hat, war das für die Katz. Wir mussten uns erst mal Gummistiefel ausleihen gehen. Darauf war die Mehrheit eher weniger vorbereitet und Viele hatten so wie ich nur Sneackersocken dabei. Das hat die ohnehin schon unbequemen schwarzen Treter nicht unbedingt komfortabler gemacht. Bei der schwülen Hitze dort mit durchschnittlich an die 40 Grad haben die Schuhe sehr unangenehm an den Beinen geklebt. Ich habe den Sinn der Schuhe zwar verstanden, als ich quasi bis zur Schuhkante im Schlamm versunken bin, aber in der Email vorher zu erwähnen, dass wir hohe Socken brauchen, wäre schon nett gewesen.
Es ging wieder auf die kleinen Boote und wir fuhren ein wenig Flussabwärts. Dort stiegen wir dann wieder aus, um ein kleines Dorf der Ureinwohner zu besuchen. Diese sprechen immer noch Quichua und leben noch wie vor hundert Jahren mit einfachen Mitteln der Natur. Sie ernähren sich hauptsächlich von Yuka, dass ist eine kartoffelähnliche Knolle, die sie selbst anbauen. Dazu essen sie auch zahlreiche Früchte, wie zum Beispiel verschiedene Bananensorten, die dort wachsen. Danach durften wir noch die stille Waffe der Quichua ausprobieren: Das Blasrohr. Man unterschätzt die Kraft, mit der man den Pfeil pusten muss. Meiner ist zum Beispiel auf halbem Weg verhungert. Ein paar talentiertere Schützen haben aber tatsächlich den Holzaffen getroffen, der unser Ziel darstellte. Das Blasrohr wird aus besonders robustem Palmholz gebaut und ist je nach Reichweite durchaus über 2 Meter lang, lässt sich zum Transport aber in kleinere Teile zerlegen. Damit werden Affen und andere einheimische Tiere gejagt. Man jagt aber nur das, was das Dorf benötigt und versucht möglichst alle Teile des Tieres als Essen oder zu anderen Zwecken zu nutzen. Den Quichua ist die Natur sehr wichtig. Die Kinder des Dorfes haben uns aus Grasstängeln kleine Blumen geflochten und geschenkt. Generell schienen die Dorfbewohner trotz des Touristenbesuchs glücklich zu sein. Eher schienen sie stolz ihre Art des Lebens präsentieren zu können.
Danach ging es wieder zurück zum Hotel. Da es im Dschungel kein Netz gab, wussten wir immer noch nicht, ob Marie nun endlich angekommen war, oder nicht. Ich hatte sicherheitshalber auch unsere Zimmernummer durchgegeben, damit sie wenigstens dort schonmal hereinkonnte. Als wir also wieder an der Anlage ankamen, haben wir unser Zimmer aufgesucht und zu unserer aller Freude, war Marie nach mehr als 10 Stunden im Taxi auch wohlbehalten angekommen. Die Hotelmitarbeiter hatten sie ins Zimmer gelassen. Danach haben wir uns dann gemeinsam zum Abendessen aufgemacht und den ersten Abend entspannt zusammen mit Louis, Lina und Pauline im Zimmer verbracht, da uns nicht so nach Party und unerlaubten Aktionen zumute war, wie die anderen Austauschschüler.
Schon beim Mittagessen hatte es nur Saft gegeben, der eher mittelmäßig geschmeckt hat und beim Abendessen gab es ebenfalls kein Wasser. Ich habe mich dann mal erkundigt, ob man auch zwischen den Mahlzeiten etwas zu trinken bekommen konnte und ob es vielleicht auch Wasser gab, für diejenigen, denen der Saft nicht so zusagt. Bei der schwülen Hitze hat der nämlich auch nicht sonderlich gegen den Durst geholfen. Es stellte sich heraus, dass es nicht einmal Wasser für uns gab. Man hätte sich für 1,80 Dollar eine kleine Wasserflasche kaufen können, die man hier normalerweise zwischen 40 und 50 Cent bekommt. Ich habe mich daraufhin wohl nicht nur als Einzige bei den Rotariern beschwert. Denn beim Gruppentreffen am Abend wurde verkündet, dass für uns ab dem nächsten Tag ein Wasserspender aufgestellt werden würde. Ich fand es vom Hotel, dass nicht gerade günstig war, schon eine Frechheit die Besucher so über die Getränke auszunehmen, da es dort keine andere Möglichkeit gab sich Getränke zu kaufen. Bei so einem hohen Preis sollte zumindest Wasser inklusive sein, wenn man mit „All inclusive“ wirbt.
Bei dem Gruppentreffen wurden nicht nur noch einmal Verhaltensregeln gepredigt, sondern wir bekamen auch alle ein rotes T-Shirt. Diese vielen wirklich sehr klein aus. Mein T-Shirt hat Größe XL und passt wie angegossen, obwohl ich eigentlich nicht besonders riesig bin. Ein paar der größeren Mädchen hatten da echt Probleme und mussten ihr Shirt dann zu einem Jungenshirt tauschen, die keinen taillierten Schnitt mehr hatten und dementsprechend dann wie ein Sack aussahen.
Noch ziemlich platt von der Anreise waren meine Freunde und ich relativ früh im Bett.
Freitag 04.01.
Frühstück gab es am nächsten Morgen schon wieder ab 7 Uhr. Wir tauchten zwar erst gegen viertel vor acht auf, waren aber noch lange nicht die Letzten und selbst die Rotarier hatten sich nicht früher blicken lassen. Auch das Frühstücksbuffet war vollkommen ausreichend und man konnte sich sogar aussuchen, ob man lieber süß oder salzig frühstücken wollte. Am besten war aber, dass es tatsächlich Kaffee gab. Es war zwar nur Filterkaffee, aber immer noch tausend Mal besser, als den hier üblichen Instantkaffee.
Dummerweise war ich trotz Mückenspray ziemlich zerstochen. Ein Stich an meinem linken Oberschenkel, der definitiv dort war, wo ich eigentlich sogar eine Hose drüber hatte, war bereits am Morgen ungewöhnlich dick und groß. Zu dem Zeitpunkt aber nur in etwa so groß wie meine Handfläche. Lina hat mir eine Creme, ähnlich wie Fenistil, geliehen und ich habe gehofft, dass es so nicht schlimmer wird. Da es nur gejuckt hat und es keinerlei andere Anzeichen für eine schlimmere Reaktion meines Körpers gab, wie Fieber oder Übelkeit, habe ich das Ganze ansonsten auf sich beruhen lassen.
Wir wurden dann in zwei große Gruppen aufgeteilt. Somit wurden Lina und Pauline von Louis, Marie und mir getrennt. Wir sind zuerst zu einer Auffangs- und Rettungststation für Wildtiere gefahren. Dazu haben wir wie zuvor auch wieder die Boote genutzt. Diejenigen die wollten, konnten sich dort einen Gummireifen mitnehmen, um danach damit ins Wasser zu gehen. Wir drei haben uns aber dagegen entschieden, da man uns vorher nicht gesagt hatte, dass es ins Wasser geht und wir alle nicht genug Wechselklamotten mithatten, um unsere komplett nass zu machen. Im Nachhinein gesehen, hätten wir es vielleicht doch einfach machen sollen, aber wir hatten wenig Bedenkzeit dafür und mussten später mit unserer Entscheidung leben.
Zuerst ging es aber in die Rettungsstation. Dort wurden wir noch einmal in kleinere Gruppen aufgeteilt. Die Führung war sehr interessant. Die Einrichtung wird nur durch Spenden und die Einnahmen durch den Eintritt finanziert. Sie retten Tiere von illegalen Wilderern beziehungsweise sind dazu verpflichtet alle vom Staat beschlagnahmte Wildtiere aufzunehmen. Das ist finanziell gesehen nicht einfach, deswegen sind sie besonders von uns Touristen abhängig. Man versucht möglichst alle Tiere wieder auszusetzen, vermeidet daher jegliche Interaktion mit Menschen und versucht das Leben so zu gestalten, dass die Tiere lernen zu Überleben. Das gelingt leider nicht immer, da es immer wieder Tiere gibt, die schon zu sehr an Menschen gewöhnt sind oder Handicaps, sowohl geistig als auch körperlich, durch Missbrauch davongetragen haben und deshalb nicht dazu fähig wären in freier Wildbahn zu überleben. Alle Tiere, die ausgesetzt werden, werden in ein direkt angrenzendes Naturschutzgebiet gebracht, um sie zumindest etwas vor Wilderern schützen zu können. Leider kennen Tiere die Grenzen dieses Gebietes nicht und gerate früher oder später auch in Gefahrenzonen.
Leider waren die meisten Gehege aus Draht und es war schwierig besonders die sich schnell bewegenden Affen zu fotografieren. Ein paar Schnappschüsse habe ich trotzdem machen können. Die Rettungsstation war unsere einzige Möglichkeit wirklich Tiere zu sehen, da diese sich in den Touristenregionen verständlicherweise eher selten blicken lassen. Mir haben auch Zoos schon immer gut gefallen, deswegen hat mir dieser Programmpunkt besonders gut gefallen. Ein paar Schildkröten sind uns über den Weg gelaufen, da diese nicht in Käfigen gehalten werden, sondern sich einfach frei in der Anlage bewegen. Zusammen mit Marie und Louis hatte ich auf jeden Fall Spaß.
Danach ging es weiter zu der Aktion mit den Gummireifen. Da auf einmal mehr mitmachen wollten, als sie Reifen mitgenommen hatten und man nicht nachweisen konnte, wer jetzt einen Reifen mitgebracht hat und wer nicht, mussten manche freiwillig darauf verzichten. Ich glaube insgesamt haben dann 8 Personen nicht mitgemacht und wir sind dann trockenen Fußes in einem der Boote geblieben. Die Anderen sind in den Reifen von oben bis unten nass geworden. Einige haben sich entschieden sich vorher bis auf die Unterwäsche auszuziehen, was glaube ich keine schlechte Idee war, auch wenn ich das selbst nicht gemacht hätte. Es war trotzdem ganz lustig vom Boot aus zuzusehen. Zum Abschluss durften die im Wasser noch an einem Seil eine kleine Klippe herunter ins Wasser springen. Das hätte ich mich ohnehin nicht getraut, weil das mindestens 2 oder 3 Meter hoch war und mit meiner Höhenangst war ich überhaupt nicht traurig darüber das nicht machen zu können.
Zum Mittagessen ging es dann wieder zurück ins Hotel. Danach hatten wir etwas Verschnaufpause bevor es mit dem Programm weiterging. Mittlerweile war der große Mückenstich bereits größer als meine Hand und bedeckte quasi meinen halben Oberschenkel. Ich habe dann entschieden mir Hilfe bei den Rotariern zu holen, weil ich ja eigentlich keine Allergie oder Ähnliches habe. Wir haben zuerst Dora aufgesucht, weil sie die Zuverlässigste ist und zusammen mit ihr sind wir dann zu einem anderen Betreuer gegangen, der zufälligerweise Arzt ist. Wir konnten nicht ausmachen was mich denn nun gestochen hatte, die Reaktion wirkte aber erst einmal wie als wäre ich allergisch auf das entsprechende Gift. An der Rezeption habe ich dann eine Tablette mit einem Antiallergikum bekommen. Ich habe in dem Moment darauf vertraut, dass der Arzt Ahnung von dem hat, was er tut und habe die Tablette genommen.
Wir haben zuerst ein Schmetterlingshaus besucht. Dort sind wir hingelaufen, konnten aber dieses Mal unsere Schuhe anlassen. Angrenzend an das Hotel gibt es ein kleines Dorf mit einer Schule, an der wir ebenfalls vorbeigekommen sind. Die Leute dort sind sehr arm und haben ein einfaches Leben. Das Schmetterlingshaus war wunderschön und einige Schmetterlinge haben sich sogar auf die Hand nehmen lassen oder sind an anderen Stellen des Körpers gelandet. Bei den größeren Exemplaren war das ziemlich kitzelig. Offensichtlich hat den Schmetterlingen unser Schweiß gut geschmeckt, zumindest meinte das unser Guide. Dort haben wir sicherlich eine Stunde verbracht und bis auf die noch stickigere Luft im Inneren der Anlage habe ich das Ambiente dort sehr genossen. Spektakulär waren sogar die Kokons, von denen einige golden geschimmert haben.
Danach haben wir noch eine Schnitzwerkstatt besucht. Ein Einheimischer hat uns gezeigt, wie die Papageien, Kolibris und anderen Figuren aus einem besonders leichten Holz einer hier einheimischen Palme hergestellt werden, die später an Touristen verkauft werden. Es war interessant zu sehen, wie schnell er nur mit einem Messer einen kleinen Papagei geformt hat. Bis zum fertigen Kunststück fehlen aber dann noch viele weitere Arbeitsschritte, die das Teil erst robust machen. Dummerweise hatten wir fast alle kein Geld mit, um direkt dort etwas zu kaufen, da man uns über das Programm ziemlich im Unwissenden gelassen hat. Eigentlich hieß es nämlich, dass wir am Nachmittag das machen, was die Andere Gruppe am Vormittag gemacht hat. Wir haben uns also auf eine Wanderung im Dschungel und eine anschließende Floßfahrt vorbereitet. Dementsprechend hatte ich zum Beispiel bereits Badeklamotten drunter, um nicht wieder auf die Wasseraktivitäten verzichten zu müssen. Wir schauten uns noch das Tanztraining einer Gruppe Kinder an, bevor wir wieder zurück zum Hotel liefen. Dort ging der erste Weg dann in den Pool. Praktischerweise mussten wir vorher ja nicht noch einmal ins Zimmer, weil wir schon Badeklamotten anhatten.
Leider war der Stich immer noch nicht wirklich besser geworden. Ich hatte am Abend ein taubes Gefühl im Oberschenkel und das Jucken wurden von einem leichten Schmerz abgelöst. Ich konnte nicht mehr normal laufen, also habe ich noch einmal den Arzt um Rat gebeten. Er hat empfohlen erst mal noch ein wenig abzuwarten. Solange ich kein Fieber, Übelkeit oder Schwindel hatte, konnte man ein hochgiftiges Tier ausschließen. Damit das Antiallergikum richtig wirken konnte, muss man mehr als eine Tablette schlucken, also hat der Arzt zu einer Dosis von 3 Tabletten im Abstand von 8 Stunden geraten. Ich habe also eine zweite Tablette bekommen. Zusätzlich haben wir noch einen Eisbeutel besorgt, damit ich das Bein kühlen konnte. Ich habe dann mit Dora abgesprochen, dass ich die Nacht noch abwarte und wenn es am nächsten Morgen nicht besser gewesen wäre, hätte ich darauf bestanden ins Krankenhaus zu fahren. Zum Glück war der Stich am nächsten Morgen dann aber schon etwas abgeschwollen und er hat wieder gejuckt. Das war zwar nervig, aber es war weder taub noch hat es wehgetan, also habe ich mich damit abgefunden. Zum Frühstück habe ich dann trotzdem auch noch die dritte Tablette genommen. Ich weiß immer noch nicht, was mich da erwischt hat, aber eine normale Mücke war es jedenfalls nicht, denn alle anderen Mückenstiche sahen normal aus. Es könnte etwas wie eine Bremse gewesen sein, aber es gibt dort zum Beispiel noch eine Vielzahl an kleinen Spinnen und Ameisen, die Beißen und Stechen können.
Samstag 05.01.
Am Samstag haben wir dann das Programm gemacht, was die andere Gruppe am Vortag gemacht hatte. Da Lina eine Schmetterlingsphobie hat und lieber mit uns zusammen sein wollte, hat sie unbemerkt die Gruppe gewechselt. Da Rotary aber wie immer nur schlampig irgendwie durchgezählt hat, ist es nicht einmal aufgefallen und es war schließlich ihre Entscheidung das Gleiche noch einmal zu machen. Wir sind wieder mit dem Boot gefahren und mussten auch wieder unsere Gummistiefel anziehen. Dann ging es in kleineren Gruppen gute zwei Stunden lang zu Fuß durch den Dschungel. Louis wurde dabei von uns drei Mädchen getrennt. Unser Guide war ziemlich lustig drauf und konnte auch gut erklären. Wir haben einiges über verschiedene Pflanzen und deren Nutzen gelernt, denn eine Vielzahl besitzt Wirkstoffe, die sich als Heilmittel einsetzen lassen. Es gibt zum Beispiel eine Lianenart, die sehr wirksam gegen Krebs, besonders gegen Bauchspeicheldrüsenkrebs, ist und deren Extrakt deutlich stärker gegen die Krebszellen wirkt, als alle bekannten künstlichen Mittel. Auch gibt es eine Palmenart, in deren Kern Wirkstoffe gegen Asthma enthalten sind. Es gibt eine Larvenart, die genau diesen Teil des Baums isst. Die Einheimischen verzehren eben diese, da sie neben dem besagten Wirkstoff auch gesunde Proteine enthalten und durch ihren Lebensraum im Herz der Palme keinerlei Giftstoffe enthalten.
Wir haben auch eine Ameise gesehen, deren Stich zu den schmerzhaftesten Stichen der Welt gehört. Unser Guide hat das Insekt, dass gute 3 cm groß war, unbeeindruckt mit einem Stock aufgesammelt und rumgezeigt. Die sogenannte „Bullet Ant“ oder „24-Stunden-Ameise“, eine tropische Riesenameise, sorgt bei einem Stich für einen bis zu 24 Stunden andauernden heftigen Schmerz, daher kommt auch der deutsche Name. Das Gift bringt einen zwar nicht um, aber die Erfahrung möchte man nicht machen. Um unseren unerschrockenen Guide zu zitieren: „Und du wirst weinen, weinen, weinen, weinen und weinen, und es hört nicht auf.“ Leider hat die Riesenameise sich so schnell hin und her bewegt, dass es nicht möglich war ein Foto zu machen. In Brasilien gibt es sogar einen Stamm, in dem die Jungen als Prüfung zum wahren Mann in einem besonderem Ritual Handschuhe voll dieser Ameisen tragen. Ich hatte davon schon einmal etwas im Fernsehen gesehen und hätte mir nicht vorgestellt diesen Tieren einmal so erschreckend nahe zu kommen. (Wen die Geschichte mit dem Stamm näher interessiert: es gibt den Beitrag dazu von Galileo auf YouTube, den ich vor einiger Zeit im Fernsehen gesehen hatte: https://www.youtube.com/watch?v=z8DvgWeGHGQ).
Die Regel am Besten nichts anzupacken, besonders keine Bäume oder ähnliches, geschweige sich denn dort anzulehnen oder hinzusetzten macht also durchaus Sinn. Wenn man genau darauf achtet, krabbeln überall kleine Tierchen herum von denen nicht wenige giftig sind und stechen oder beißen. Mal abgesehen von diesen unzähligen Insekten sind wir keinen Tieren im Dschungel begegnet. Die Wanderung war sehr anstrengend, hat aber trotzdem Spaß gemacht. An einer Stelle mussten wir in Sitzend in einem Korb, mithilfe einer kurzen Seilbahn eine kleine Schlucht überqueren und eine Größere haben wir auf einer wackeligen Hängebrücke, die mir nicht ganz geheuer war, überquert.
Am höchsten Punkt der Wanderung bot sich ein spektakulärer Ausblick über die Landschaft des Dschungels, bevor es an den Abstieg ging. Dort gab es noch einmal ein paar schöne Stellen, an denen wir Fotos machen durften. Eine Liane war zum Beispiel in einer Schlinge gewachsen, auf die wir uns unter der Aufsicht unseres Guides setzen durften. Es war sehr spannend den Dschungel so hautnah zu erleben. Die meisten Tiere, besonders die größeren wie zum Beispiel Jaguare, werde aber erst nachts aktiv, um die schwüle Hitze des Tages zu umgehen. Generell hat man als Tourist wenig Chancen mehr als Insekten zu sehen, da die Tiere sich von touristisch genutzten Orten meistens fernhalten. Nichts desto trotz, hat mir das Erlebnis gefallen. Dafür haben wir ja am Vortag Tiere in der Auffangstation beobachten können. Einem Krokodil oder anderen Raubtieren wollte ich ohnehin ungerne in freier Wildbahn begegnen, wenn ich ehrlich bin, da ist mir ein Zaun dazwischen dann doch irgendwie ganz lieb.
Dieses Mal waren wir darauf vorbereitet nass zu werden und ich hatte wieder meinen Badeanzug drunter gezogen, da wir mit dem Floß zurück zum Hotel gefahren sind, oder zumindest fast bis zum Hotel, die letzten hundert Meter mussten wir dann noch mit dem Boot zurücklegen. An einer etwas seichteren Stelle durften wir das Floß zwischendurch auch verlassen und im Fluss schwimmen. Natürlich hatten wir alle die Rettungswesten an, die auch im Boot immer Pflicht waren. Die Strömung eines so großen Flusses ist ziemlich stark. Es war interessant, dass die Füße teilweise durch eine andere Unterströmung in eine andere Richtung gezogen wurden, als der Oberkörper. Gegen den Strom zu schwimmen war beinahe unmöglich und selbst ich als gute Schwimmerin kam so gut wie gar nicht vorwärts. Das Badeverbot, dass normalerweise gilt, hat seinen Grund. Wir wurden die gesamte Zeit von einem der Boote begleitet. Als unser Floß halb auseinandergefallen ist, weil jemand wohl ungünstig an die Verschnürung gekommen sein muss, hat mich das doch arg beruhigt. Der Guide hat das Floß in Seelenruhe wieder zusammengeknotet, bevor es in etwas wilderes Gewässer ging. Dort war es in unserem Interesse, wieder auf dem Floß zu sitzen, da die Stromschnellen ziemlich wild waren. Die Floßfahrt war ein witziges Abenteuer und das kühle Flusswasser war nach der Wanderung genau das Richtige, um sich wieder abzukühlen. Mein T-Shirt hatte ich beim ausziehen auswringen können, ich denke das sagt alles.
Zurück im Hotel ging es noch einmal kurz in den Pool, bevor wir uns vor dem Mittagessen dann noch geduscht haben. Auch am Nachmittag ging Lina wieder mit uns. Dieses Mal fuhren wir in Pick-Ups. Während sich alle drum gestritten haben, wer hinten auf der Ladefläche sitzen darf, war ich ganz froh im Auto zu sitzen und mich anschnallen zu können. In der Hinsicht bin ich wohl einfach zu deutsch. Unsere Reise führte uns dieses Mal zu einem Kletterpark. Nachdem wir mit den Autos angekommen waren, mussten wir aber noch einmal gut 10 Minuten durch den Dschungel wandern. Nach der Wanderung am Morgen war das echt anstrengend und ich war eigentlich schon nass geschwitzt als wir an der Anlage ankamen. Zu meiner Beruhigung war der Kletterpark mit einem mir bekannten Sicherheitssystem ausgestattet, was man in Ecuador ja nicht unbedingt erwarten kann. Mit meiner Höhenangst hätte ich mich ansonsten wahrscheinlich gar nicht nach oben getraut. Nach einer kurzen Sicherheitseinweisung und einem kleinen Übungsparcours ging es direkt nach oben in die Bäume. Der Park an sich hat sich an sich nicht großartig von Kletterparks unterschieden, wie ich sie aus Deutschland kenne. Für mich war nur blöd, dass er auf einer Hügelspitze aufgebaut wurde. Die erste Plattform war also noch auf einer normalen Höhe von vielleicht 8 Metern. Dummerweise ging der Boden danach steil Bergab, die nächsten Plattformen waren aber immer noch auf derselben Höhe angebracht, nun also deutlich weiter entfernt vom Boden. Ich habe den ersten Parcours tapfer durchgezogen und nicht geheult oder ähnliches. In derselben Zeit haben die Leute vor mir auch den zweiten Parcours schon absolviert und ich war nach dem ersten bereits so fertig mit den Nerven, dass ich auf den zweiten verzichtet habe, denn ich hätte nicht garantieren können nicht doch noch panisch zu werden bei den dortigen Hindernissen. Mir hat der erste Parcours vollkommen gereicht, es hat mir Spaß gemacht und das war das Wichtigste für mich. Bergab ging es dann schneller zurück zu den Pick-Ups.
Am Hotel konnten wir dann noch auf dem Fluss Kanu fahren gehen. Ich habe mir mit Marie ein Boot geteilt, weil sie sich nicht zugetraut hat eines allein zu steuern und ich zumindest etwas Erfahrung auf dem Gebiet habe, da ich schonmal bei mir auf der Lenne Kanu gefahren bin. Es endete darin, dass ich für uns beide gepaddelt habe und Marie mir zwischendurch mal ein wenig geholfen hat. Es hat trotzdem Spaß gemacht und wir haben viel gelacht. Louis ist, ganz ausversehen natürlich, gekentert und hat sich noch einmal mit kühlem Flusswasser erfrischt. Auch an unserem letzten Abend haben wir es vorgezogen die Zeit entspannt in unserem Zimmer zu verbringen und ein wenig zu quatschen. Ariel aus Taiwan und Grace aus den USA haben sich uns auch noch angeschlossen und es war echt lustig. Marie hat mit ihren hervorragenden Englischkenntnissen bei uns für gute Stimmung gesorgt und uns mehr als einmal zum Lachen gebracht. Wir waren wieder nicht zu spät im Bett und niemand hatte Lust bis in die Nacht herein zu feiern und Party zu machen.
Sonntag 06.01.
Am letzten Morgen mussten wir unsere Koffer schon mit zum Frühstück bringen und danach bereits auschecken, da es direkt danach auf die Heimreise ging. Wir fuhren mit den Booten wieder bis zu der Stelle, wo wir auch bei der Anreise umgestiegen waren. Da beide Busse in Richtung Quito fuhren, hatte man eine gemeinsame Mittagespause geplant und wir mussten uns noch nicht verabschieden. Pauline, Lina und ich mussten in den einen Bus und Marie und Louis in den Anderen, der zum Flughafen ging. Schon nach einer guten halben Stunde machten wir noch einmal einen Zwischenstopp in einer der wenigen Städte im Amazonasgebiet. Man wollte uns die Möglichkeit geben die dort bekannten Larven zu probieren, die gut gegen Asthma sind.
Die Larven sind deutlich größer als man denkt und ziemlich fett. Man kann sich im Terrarium die lebenden Tiere aussuchen, die man Essen will. Drei wurden davon dann auf einen Spieß gespießt und noch lebend gegrillt. Das war sehr unappetitlich anzusehen, da sich die Larve noch am Spieß bewegt haben, bis sie letztendlich aufgeplatzt sind. Ich habe mich nach einiger Überwindung tatsächlich getraut eine der gegrillten Larven zu probieren. Sie schmecken eigentlich nach nichts Spezifischem, aber die Konsistenz ist sehr eigenartig. Der Kopf und die Haut sind knackig und haben ein gewisses Aroma vom Grillen, das Innenleben indessen ist ekelhaft schleimig. Es war nicht so schlimm wie ich erwartet hätte, aber nochmal wollte ich das auch nicht essen. Ein paar ganz experimentierfreudige Austauschschüler haben die Larven lebend und roh probiert. Mich hat das ganz stark ans Dschungelcamp erinnert und ich habe großen Respekt, dass die sich das getraut haben. Den Gesichtern nach zu Urteilen war es nämlich wirklich nicht besonders lecker.
Dann haben wir unsere Reise wieder fortgesetzt. Der nächste Stopp war dann die Mittagspause. In einem kleinen Restaurant gab es dann für alle noch Mittagessen. Das Hühnchenschnitzel mit Reis und Püree war dann im Gegensatz zu den Larven wieder normal. Dann mussten wir uns schon wieder Verabschieden. Marie und Louis musste ich also schon auf Wiedersehen sagen, während ich ja noch eine Weile mit Lina und Pauline im selben Bus weiterfuhr. Den Rest der Fahrt habe ich größtenteils dösend verbracht. Im Allgemeinen war die Rückfahrt sehr ruhig, da nicht wenige den Schlafmangel der letzten Nächte auszugleichen versuchten.
Gemeinsam mit den Austauschschülern aus Ambato und Riobamba mussten Alessandra und ich wieder kurz vor Quito in den kleineren Bus umsteigen und damit musste ich auch von den Anderen Abschied nehmen. Die letzten zwei Stunden vergingen wieder schweigend, bevor Alessandra und ich als erstes wieder in unserer Heimatstadt ankamen. Wir hatten schon auf dem Weg mit unserem YEO Renato abgesprochen, dass wir am Montag danach nicht in die Schule mussten, um uns einen Tag von der Reise zu erholen. Alessandra hatte das glaube ich noch nötiger als ich.
Fazit
Insgesamt fand ich die Reise richtig toll und interessant. Schade finde ich, dass Rotary immer so unorganisiert hier ist. Einfach mal zu vergessen einen Flug zu buchen darf einfach nicht passieren. Außerdem ist es blöd so im Unwissenden über das Programm zu sein, da man nie weiß, was man anziehen oder mitnehmen soll. Ich mag es mich auf das Kommende gut vorzubereiten und verzichte ungerne auf etwas, weil ich nicht entsprechend vorbereitet war. Trotzdem war der Dschungel faszinierend, mal abgesehen von den Mücken, und einen Besuch wert.
Heute (Montag) war ich wie mit Renato abgesprochen nicht in der Schule. Der Alltag geht hier also erst morgen wieder richtig für mich los. Bei mir steht Ende des Monats der Familienwechsel an, der sicherlich noch einmal eine neue Herausforderung darstellt. Ich fühle mich aber sicher genug und bereit dazu dieses neue Abenteuer einzugehen. In den letzten Monaten habe ich schon so viel dazugelernt und viel mehr Vertrauen in mich selbst fassen können. Ich bin gespannt wie es in der anderen Familie wird und gehe ohne große Erwartungen da rein, denn wenn ich Erwartungen stelle, gibt es immer das Risiko, dass diese nicht erfüllt werden.
Bei Marie geht es hingegen weiterhin drunter und drüber. Sie ist jetzt übergangsweise eine Woche bei einer Familie untergekommen, was sie quasi selbst organisiert hat, da ihre zweite Gastfamilie sie zu der bereits am Anfang besprochenen Deadline heute im Prinzip rausgeschmissen hat, obwohl Rotary immer noch keine nächste Gastfamilie organisiert hat. Die zweite Familie war nur unwesentlich besser als die erste Familie, die sie hatte und aus der sie gewechselt hat, nachdem Rotary Deutschland starken Druck auf Ecuador ausgeübt hat. Dann hatte sie auch noch Pech mit dem Flug und nun weiß eigentlich keiner wie es weiter geht. Marie wird in den nächsten Wochen die Heimreise antreten und darüber bin ich echt traurig, weil ihr die schönen Seiten des Familienlebens hier entgangen sind und sie so viel Pech hatte mit Allem. Dazu kommt dann das unprofessionelle Verhalten Rotarys und besonders ihres Clubs in Cuenca. Ich hoffe das Beste für sie und das sie zumindest ihre restliche Zeit hier in einer guten Gastfamilie verbringen kann, unabhängig davon wie lange sie jetzt noch hierbleibt. Ihr Schicksal zeigt mir immer wieder wie viel Glück ich mit Allem hier hatte und wie gut es mir mit meiner Gastfamilie und meinem Rotaryclub geht.
Maarieee (Donnerstag, 17 Januar 2019 21:04)
Uiii cuuttiieeeeeee hdgdl ���